Simon und Garfunkel im Central Park, die Mondlandung, der Marshall-Plan, Michael Jackson, Bonanza, die Skyline, Fastfood und Upton Sinclair: Endlos sind die Bilder, die Klischees, die Ohrwürmer, die wir mit uns herumschleppen über das Land der angeblich unbegrenzten Möglichkeiten. Und viel zu vieles davon ist viel zu positiv besetzt. Als sich in Amsterdam, in München-Giesing oder in der Stuttgarter Königstraße Verpackungsmüllberge vor diesen neuen Imbissläden mit dem gelben M auf rotem Grund türmten, rieben sich gewöhnliche Mittel- und WesteuropäerInnen die Augen. Aber nur kurz und folgenlos, weil es einfach richtig sein musste, was kam aus God's own country.
Falsch. An einem denkwürdigen Sonntagabend im Februar 1985 wollte eine aufgekratzte kleine Truppe, angeführt von Lothar Späth, mit einem Spaziergang durch Georgetown feiern, dass erstmals eine offizielle Delegation aus Baden-Württemberg in Washington, D.C. empfangen werden sollte. Die Idee, sich die Beine in der Neuen Welt zu vertreten, ließ Botschaftsmitarbeiter die Augen rollen, der Hotelmanager wurde deutlicher und bat die Gäste, sich nicht mehr als zwei oder drei Blocks wegzubewegen, weil nur die engere Umgebung sicher und die Kriminalitätsrate in der Bundeshauptstadt so hoch sei wie nirgends sonst im Land.
Wer ein Gebiss braucht, kauft sich halt eins
Die unmissverständliche Botschaft lautete: Amerikas Wirklichkeit passt nicht zur erträumten Hochglanz-Sehnsuchtswelt, die es nie gab und nie geben wird. Schnell sortierten sich viele (Vor-)Urteile, was zu deren Ausrottung aber kaum beitragen konnte und bis heute nicht kann. Allen voran der naive Glaube von den Aufstiegschancen für beinahe alle. Millionen Tellerwäscher – inzwischen: working poor – blieben ihr ganzes Leben Tellerwäscher, das Image des Landes prägten aber nicht sie, sondern die Legende vom Aufstieg der wenigen Self-Made-Millionäre.
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Jörg Tauss
am 11.11.2020Und vielleicht geht Kretschmanns und Fritze Kuhns Herzenswunsch dann doch noch in…