Wie viele wären dann Sozialwohnungen?
Das ist unheimlich schwer zu beziffern, weil wir bei den Sozialmietwohnungen, je nachdem, ob das Grundstücke in privater Hand sind oder ob das Grundstücke in öffentlicher Hand sind, unterschiedliche Möglichkeiten haben. Wenn auf privatem Grund und Boden neu gebaut wird und der Bebauungsplan muss nicht geändert werden, dann haben wir als Stadt leider gar keine Möglichkeiten, Sozialmietwohnung zu verpflichten. Ich hoffe, dass sich das jetzt gerade in Berlin ändert mit der Nivellierung des Baugesetzbuches. Wenn wir einen neuen Bebauungsplan erarbeiten müssen für private Grundstücke, dann können wir etwas vorgeben, 30 Prozent geförderte Wohnung zum Beispiel. Und auf öffentlichen Grundstücken haben wir das natürlich selber in der Hand. Auf jeden Fall müssen wir den Trend der letzten Jahre umkehren, wo die Zahl der Sozialmietwohnung immer weiter runter gegangen ist. Das muss wieder nach oben gehen.
In punkto Wichtigkeit war bei der Umfrage Mobilität und Verkehr Nummer eins für die Wählerinnen und Wähler. Wie kriegen Sie in den Griff, dass die Innenstadt nicht verödet, dass sie lebenswerter wird, dass nicht alle Leute auf ihr Auto verzichten müssen und es trotzdem angenehmer wird in der großen Innenstadt?
Das ist natürlich eine der größten Aufgaben überhaupt. Ich glaube, dass wir in der urbanen Welt weniger auf das Auto setzen müssen als heute. Aus meiner Sicht ist die allerwichtigste Alternative ein ganz starker Nahverkehr. Stuttgart sollte den Anspruch formulieren, den besten Nahverkehr in Deutschland zu bieten. Es gibt Städte, die uns vorgemacht haben, dass das funktionieren kann. Da gehört ein optimales Preis-Leistungsverhältnis dazu, das heißt mehr Stadtbahnen, längere Stadtbahnen, neue Stadtbahnverbindungen, mehr Busverbindungen. All das kostet Geld, es geht also auch darum, die Finanzierung der Stuttgarter Straßenbahn auf solide Füße zu stellen. Und dann geht‘s natürlich auch um den Preis, den die Fahrgäste zahlen sollen. Ich halte sehr viel von dem 365-Euro-Jahresticket, was es in Wien gibt. Was wir jetzt, darauf bin ich im Übrigen auch ein bisschen stolz, für die Schülerinnen und Schüler und für die Azubis haben werden. Das muss für die Studierenden als nächstes kommen, für die Seniorinnen und Senioren und dann auch für die Beschäftigten.
Da ist es ja irgendwie kontraproduktiv, dass der VVS die Preise wieder anhebt?
Ja, ich halte das auch für nicht gut und gelungen, aber das wurde so entschieden. Die Finanzierung des Nahverkehrs ist ein kompliziertes Thema. Ich finde, dass die Fahrgäste nach wie vor zu viel zur Finanzierung des Gesamtsystems leisten müssen. Das ist deutlich mehr als 50 Prozent der gesamten Kosten, die da anfallen. Ich finde fifty-fifty fairer.
Wir haben in unserem Fragebogen auch die Frage gehabt: Sind weniger Autos besser als mehr? Ihre Antwort: In der Stadt ja, bei der Produktion in Stuttgart nein.
Genau.
Das heißt, Sie wollen die Arbeitsplätze retten und trotzdem weniger Verkehr in der Stadt haben? Aber insgesamt machen die Autos überall Dreck und Lärm und Abrieb. Egal ob in der Stadt oder außerhalb.
Ja selbstverständlich. Aber die Menschen auf der Welt haben die freie Entscheidung, ob sie ein Auto kaufen möchten oder nicht. Ich möchte es ihnen auch nicht verbieten oder vorgeben, abgesehen davon könnte ich es auch gar nicht. Und ich finde es wichtig, dass wir unser unsere Autoindustrie nach wie vor hier in Stuttgart haben. Die Industrie muss sich verändern, neu aufstellen. Aber Tausende von Stuttgarter Familien leben davon, dass auch dort Autos produziert werden. Ich war gestern beim Bosch, ich war beim Daimler im Neckartal, da machen sich viele Sorgen um diese Arbeitsplätze. Und ungefähr jeder dritte Euro, den Sie und ich in der Tasche haben, kommt aus der Industrie in unserer Stadt. Ich finde, dass man da nicht einfach so sagen kann: Was soll's? Weg mit der Autoproduktion. Aber dass sich die urbane Mobilität ändern muss, ich glaube, das hat auch der Daimler begriffen und das begreifen auch immer mehr Menschen und das ist nochmal ein anderes Thema.
Es wird Tausende von Arbeitsplätzen weniger geben. Nicht nur beim Daimler, sondern auch beim Mahle und beim Bosch und wie die Zulieferer alle heißen. Wo wollen Sie die alle unterbringen?
Erst mal möchte ich schon dafür arbeiten und mich dafür einsetzen, dass es eben nicht Tausende weniger werden. Also ...
Der E-Motor braucht nun mal weniger Arbeitskräfte als der Verbrennermotor.
Ja, aber über welche Zeitschiene reden wir denn? Es macht einen gravierenden Unterschied, ob wir da über zwei, drei Jahre oder über fünf bis zehn Jahre reden. Und ich glaube, dass es wichtig ist, bei dieser Transformation die Menschen auch mitzunehmen.
In unserem Fragebogen hatten wir auch eine Frage zu S 21: Was denken Sie, wenn Sie in die S 21 Baugrube blicken? Wissen Sie noch, was Sie geschrieben haben? "Wow."
Weil ich das für eine sehr beeindruckende Baustelle halte. Mich beeindruckt die Ingenieursbaukunst.
Eigentlich sollte dabei auch – gut, das war ein Städtebauprojekt für Wohnraum und so – ein besserer Bahnhof dabei rumkommen. Glauben Sie, dass der einstmals pünktlichste Bahnhof in Deutschland noch pünktlicher wird mit halb so viel Gleisen?
Ich glaube erst mal, dass das Landesverkehrsministerium, das dem Projekt ja nicht nur wohlgesonnen gegenübersteht, Recht hat, dass wir in der Spitzenstunde 30 Prozent mehr Züge in diesem neuen Bahnhof bewegen können. Was vor allem daran liegt, dass die Zu- und Abfahrtsgleise von heute fünf auf acht erhöht werden. Ich verspreche mir was von dem Fildertunnel aus dem Süden Stuttgarts, weil die Verbindung von Tübingen und von Reutlingen nach Stuttgart wesentlich schneller und attraktiver wird. Ganz wichtig, wenn wir auf der B 27 auch weniger Autos haben wollen. Ich verspreche mir auch was von dem neuen S-Bahn-Halt in der Mittnachstraße, weil ganz viele Umsteigebeziehungen im Hauptbahnhof nicht mehr notwendig sein werden. Aber ich habe den allergrößten Respekt vor denen, die das Projekt wesentlich skeptischer sehen. Man kann das auch mit guten Gründen zum Beispiel aufgrund der Kosten ganz kritisch sehen, auch ablehnen. Aber ich verspreche mir was davon: verkehrspolitisch aber auch für den Städte- und den Wohnungsbau.
Die OB-Wahl ist eine Persönlichkeitswahl. Deswegen gibt es zwei SPD Kandidaten. Auch wenn der andere seine Mitgliedschaft im Moment dann ruhen lassen muss, damit er nicht aus der Partei fliegt. Haben Sie mit Marian Schreier schon mal ein Bier getrunken?
Kein Bier, aber wir haben uns zu zweit getroffen und uns auch gut unterhalten. Aber ich finde erst mal, es ist doch ein gutes Zeichen, dass diese Partei bei allen Schwierigkeiten, die sie hat, dass da gleich zwei gute Leute unterwegs sind.
Ein offiziell nominierter SPD-Kandidat kann sich doch nicht freuen, wenn aus der eigenen Partei Konkurrenz kommt?
Das ist jetzt eine andere Frage. Ich freue mich darüber auch nicht, aber ganz grundsätzlich finde ich, zeigt das, dass es da viele gute kommunale Leute in der SPD gibt.
Das ist elegant rausgeholt. Okay. Sie sind auch VfB-Mitglied und Fan. Was ist wahrscheinlicher: dass Körner OB wird oder dass der VfB Meister wird?
Das ist beides gut möglich. Der VfB hat das …
Ach kommen Sie ...
Er ist immerhin mehrfacher Deutscher Meister. Sagen wir mal, in der laufenden Saison wäre es jetzt sehr, sehr ambitioniert. Und dass der Körner OB werden kann, ist spätestens seit heute klar.
1 Kommentar verfügbar
Martina Auer
am 21.10.2020Sieht man ihn auf seinen Plakaten vielfach in der Natur bzw. vor Bäumen, so fragt man sich, warum er infolge seiner Hardcore-ProS21 Einstellung die Abholzungen im Schlossgarten für S21…