Es ist schon fast Tradition, dass der internationale Esslinger Stadtpreis an eine Frau geht. Und das ist nicht verwunderlich, denn weltweit kämpfen viele Frauen gegen Menschenrechtsverletzungen. Eine besonders mutige Entscheidung haben die EsslingerInnen dieses Jahr gefällt. Die Auszeichnung erhält Rugiatu Neneh Turay aus Sierra Leone für ihren beharrlichen Kampf gegen weibliche Sexualverstümmelung. Und das ist deshalb mutig, weil dieses Thema mit einem großen Tabu belegt ist: Sowohl in den Ländern, in denen es praktiziert wird – und die liegen nicht nur im Kontinent Afrika –, als auch in Deutschland. Es ist schon schwer, laut "Klitoris" zu sagen, wie der großartige Film über die Sexualtherapeutin Ruth Westheimer deutlich machte. Noch schwerer ist es, laut "Klitorisbeschneidung" zu sagen. Denn schon das Wort tut weh.
Foto: Terre des Femmes
Rugiatu Neneh Turay wurde im Alter von 12 Jahren beschnitten und wäre fast verblutet. Angetrieben durch ihre persönliche Erfahrung gründete sie 2003 den Verein AIM (Amazonian Initiative Movement). AIM organisiert Aufklärungskampagnen, bietet Unterkünfte für Opfer an, in Workshops können Beschneiderinnen sich für andere Verdienstmöglichkeiten qualifizieren. Außerdem gründete Turay mit fünf anderen Frauenrechtsgruppen in Sierra Leone das Forum Against Harmful Traditional Practices (FAHTP). Nachdem sie Korruptionsvorwürfe innerhalb des Ministeriums öffentlich gemacht hatte, wurde Turay im November 2017 aus ihrem Amt als stellvertretende Ministerin für Soziales, Geschlechter- und Kinderfragen entlassen. Wegen ihres Engagements erhält Rugiatu Neneh Turay immer wieder Todesdrohungen. (red)
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