Gleich zum Auftakt hat Frank Nopper ein Alleinstellungsmerkmal. Der CDU-Kandidat mag nicht von der Idee lassen, dass das Auto auch in Zukunft eine Rolle spielt für eine "menschengerechte Innenstadt". Was das konkret bedeutet, erhellt er mit seiner Bewertung des neuen Entwurfs für die Umgestaltung der vielbefahrenen B 14 im Herzen der Stadt. Denn die will er zurückstellen. Es komme darauf an, sagt er mit entwaffnender Offenheit, "was Verkehrsplaner dazu sagen". Aber die seien doch mit am Tisch gesessen, kontert Veronika Kienzle in einem der raren Momente, da es doch zu so etwas Ähnlichem wie einer direkten Konfrontation kommt. Für die Grüne heißt die Aufgabe jetzt, die Bürgerinnen und Bürger von diesem "sehr schönen Entwurf" zu überzeugen, der die Stadt an dieser kritischen Stelle besser machen könne.
Stuttgart und seine dem Individualverkehr geschuldeten Wunden: Eine der Kardinalfragen für eineN künftigeN OB wird sein, wie umgegangen werden soll mit der für "die Identität der Stadt" (Martin Körner) so wichtigen Automobilindustrie. "Wovon wollen wir leben, wenn industrielle Arbeitsplätze 30 Prozent der Wertschöpfung ausmachen?", fragt der Sozialdemokrat rhetorisch und gibt sich selber die absehbare Antwort: "Selbstverständlich auch von der Autoindustrie." Dennoch plädiert selbst Körner für weniger oberirdische Parkplätze im Talkessel und bleibt zugleich der traditionellen Linie seiner SPD treu: Nur mit ausreichend vielen Jobs kommt die Stadt aus einer Krise wie Corona heraus und nur dann haben die Leute überhaupt Geld, um es auszugeben.
Die am weitesten reichenden Pläne hat wie schon so oft Hannes Rockenbauch. Gerade hier im Theaterhaus vor dem Publikum des Neuen Montagskreises weiß er mit seiner hohen Bühnenpräsenz und dem weiten Blick über den Tellerrand zu beeindrucken. Er habe nicht die Illusion, dass ein OB Standortentscheidungen mittreffe, "aber wir müssen den Mut haben, als Stadtgesellschaft mitzubestimmen, nicht nur wie wir leben, sondern auch wie wir produzieren wollen". Da habe das eigene Auto eben keine Zukunft, und als Exportschlager sei es der Umweltkiller schlechthin. Rockenbauch will den Leuten die Angst nehmen, und dabei helfen sollen in seiner Welt kostenlose Kitas, kostenlose Schwimmbäder oder ein kostenloser Nahverkehr. Die naheliegende Frage "Wer soll das bezahlen?" bleibt ungestellt. Und beim großen Lob für den Swimming-Pool, mit dem die Wiener Stadtregierung eine verkehrsreiche Kreuzung einfach stillgelegt hat, um dem Verkehr Raum wenigstens für ein paar Sommerwochen abzuluchsen, lässt er den orkanartigen Gegenwind, dem sich vor allem die Grünen stellen mussten, lieber unerwähnt.
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Loretta Abendschein
am 25.09.2020