Stadtrat Hannes Rockenbauch hat eine trainierte Stimme, die das Verkehrsgetöse locker übertönt. Hier im Stöckach-Kiez hat seine politische Sozialisation begonnen. 1980 wurde er hineingeboren in ein politisch aktives, linkes Elternhaus, als der ältere zweier Söhne. Bei seiner ersten Demo war Hannes zehn Jahre alt. Ein Kind war im Straßenverkehr tödlich verunglückt. "Wir Kinder sind auf Rollschuhen vors Rathaus gezogen. Und ich als Architektensohn habe Pläne gezeichnet, wie es für Kinder auf der Straße sicherer werden kann: durch Brücken, die über die Straßen führen." Damals sei in der Heinrich-Baumann-Straße alles Parkplatz gewesen, es habe keinen einzigen Baum gegeben. "Jetzt stehen hier immerhin diese für Stuttgart typischen verdörrten Bäume, und wir haben Tempo 30." Und um die Ecke gibt es einen hübschen Spielplatz. Den hat Rockenbauch als Jugendrat auf den Weg gebracht. Seine beiden Töchter, drei und acht Jahre alt, spielen dort gerne.
Am Stöckachplatz hat sich seit seiner Kindheit dagegen nicht viel getan. Auch die geplante Umgestaltung dieses Areals werde das Verkehrsproblem nicht lösen, prophezeit er. Man hätte für diese Kreuzung "einen großzügigen Platz mit verkehrsreduzierenden Pförtnerampeln" umsetzen können, sagt er. Und das hätte, da ist sich der Stadtrat sicher, das Verhalten der Menschen verändert. Um den Stau zu umgehen, wären sie lieber in die U-Bahn gestiegen. Aber es fehle der Mut für Veränderungen. Für die kämpft Rockenbauch seit seiner Jugend hier vor Ort.
Sein Abitur machte er am Zeppelin-Gymnasium, das gefährlich nah am Stöckachplatz liegt. Und klar: Auch die Schule war für ihn ein politischer Ort. In der siebten Klasse etwa habe er ein eigenes Demo-Projekt organisiert. "Wir haben uns mit Gasmasken vor die Schule gesetzt und die Autos gezählt und dann am Tag der offenen Tür ein Riesentransparent aufgehängt: '10.000 Autos jeden Tag vor dieser Schule!'" Das habe dem Rektor gar nicht gefallen. "Wir sollten das Plakat entfernen, weil es keine gute Werbung sei am Tag der offenen Tür. Da habe ich erwidert: 'Nö, das bringt doch nix, das Plakat wegzunehmen, die Autos bleiben doch trotzdem da.' 'Ja, aber die Schulanmeldungen …' 'Dann tun Sie was gegen den Verkehr.' 'Aber ich bin doch nur Rektor.' 'Dann bleibt das Plakat da.'"
"Das ist halt so" lässt er nicht gelten
Rockenbauch ärgert sich immer wieder über die "wahnsinnige Arroganz der Politiker". Etwa über den damaligen Baubürgermeister Matthias Hahn, der das hohe Verkehrsaufkommen vor der Schule schön redete und sagte: Das sei halt so in einer Großstadt. Da geht Rockenbauch in die Luft. "Nein, nix ist halt so. Es ist so, weil wir es so entschieden haben. Und wenn wir es so entschieden haben, dann können wir uns auch anders entscheiden." Eine Entscheidung habe doch Konsequenzen. "Wenn du Straßen so baust, dass Autos rasen dürfen, bedeutet das für Kinder, die dort spielen wollen, Lebensgefahr. Und wenn du so viele Parkplätze baust, dass jeder direkt von der Haustür ins Auto fallen kann, dann benutzen die Leute natürlich nicht die U-Bahn und du kriegst nie eine klimafreundliche Stadt hin."
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Jue.So Jürgen Sojka
am 10.07.2020