In Konstanz gibt es eine "Luigi-Pantisano-Gedächtnislampe". Sie steht an einem Skatepark im Stadtteil Berchen-Öhmdwiesen, damit Jugendliche auch im Winter nach vier am Nachmittag skaten können. Entstanden ist sie klassisch: im Gespräch mit Jugendlichen vom Jugendtreff. Die EnBW hat eine Lampe gesponsert, der Bauhof hat sie angeschlossen. Manchmal kann es so einfach sein, wenn sich nur einer kümmert.
Die Lampe war Luigi Pantisanos erste Amtshandlung, als er vor zehn Jahren als Quartiersmanager in Konstanz antrat. Vergangene Woche hat er in der Stadt am See seine Kandidatur zum parteilosen Oberbürgermeister bekannt gegeben.
Konstanz, das ist das Urlaubsparadies für alle Nicht-Konstanzer. Industrie gibt es kaum, dafür eine Menge Tourismus mit Natursehnsucht. 85 000 Einwohner an der Schweizer Grenze und nahezu verwachsen mit Kreuzlingen, zwei Hochschulen, eine grüne Mehrheit im Gemeinderat und ein malerisches Rathaus. Viele mittelalterliche Gebäude stehen noch, weil die Stadt nahezu jeden Krieg glimpflich überstanden hat, selbst den Zweiten Weltkrieg. Damals hat man bei Bombenalarm einfach das Licht angelassen und tat so, als gehöre man zur Schweiz.
So etwas wie soziale Brennpunkte gibt es nicht, dafür gönnen sich viele Wohlhabende ihren Altersruhesitz am Ufer, gerne mit eigenem Anlegesteg. Es ist gemütlich dort, fast beschaulich. Man könnte sagen, der Stadt täte so ein kleines bisschen frischer Wind ganz gut. Immerhin war Konstanz die erste Kommune in Deutschland, die den Klimanotstand ausgerufen hat – einen zahnlosen, aber wenigstens vollmundig erklärt. "Den müsste man dringend mit einem konkreten Ziel versehen", sagt Pantisano. Beispielsweise, bis wann genau die Stadt eigentlich klimaneutral sein will. Nur wer ein klares Ziel hat, macht sich auch wirklich auf den Weg. Das weiß er aus eigener Erfahrung.
Mit 18 kandidierte er erstmals bei einer Wahl
Pantisanos Ziel war schon als kleiner Stöpsel: Architektur studieren. Häuser bauen, die er vorher gezeichnet hat. Geboren ist er in Waiblingen als eines von vier Kindern sogenannter "Gastarbeiter" aus Italien. Die Grundschule schickte ihn auf die Hauptschule, weil er nicht so gut Deutsch sprach, von dort schaffte er sich auf die Realschule, mit Nachdruck hat er seine Hochschulreife gemacht. Und nebenher Politik.
Ohne deutschen Pass durfte er nur bei Kommunalwahlen wählen. Also hat er mit 18 für die Alternative Liste in Waiblingen kandidiert, erfolglos zwar, aber das war der Grundstein. Heute ist Pantisano Kommunalpolitiker mit Leib und Seele. Politik, die man anfassen kann, die mit denen stattfindet, um die es eigentlich geht, den Menschen vor Ort – das ist sein Ding. Seit Mai 2016 sitzt er im Stuttgarter Gemeinderat für Stuttgart ökologisch sozial (SÖS) im Bündnis mit Piraten, Tierschutzpartei und der Linken. Für den Linken-Bundesvorsitzenden Bernd Riexinger macht er die Pressearbeit.
Er hat Architektur studiert, danach Stadtplanung, über ein Stipendium auch in den USA und in Tokio. An der Uni hat er Hannes Rockenbauch kennengelernt. Für beide war das wohl eine schicksalhafte Begegnung. In Stuttgart sind Pantisano und Rockenbauch als Team bekannt, Freunde, Weggefährten, Parteikollegen. Der eine smart mit italienischen Wurzeln, der andere wortgewaltig mit knallroten Haaren, letzterer aufgewachsen in einer politischen Familie mit übervollen Bücherregalen, Pantisano eher mit Fernsehserien wie He-Man und California Clan. Zwei Typen mit Spaß an Reibung und Kratzbürstigkeit, immer im Dienste der sozialen Sache und für SÖS. Mit "Rockpolitik TV" streamen sie ihre Diskussionen live über Facebook – aus dem Stuttgarter Rathaus, von der Straße, aus der U-Bahn mit einer Horde fahrscheinloser "Freifahrer" bei einer Aktion für kostenlosen ÖPNV, ein riesen Thema, da hat Pantisano schon als Jugendlicher für demonstriert. Sein Freund Rockenbauch bezeichnet ihn als "hungrig", nach Neuem, nach Dialog und Zusammenarbeit, weil Politik selten mal einfach so aus einem rauskommt.
In Konstanz hatte er seinen ersten Job
Die alternative Konstanzer Stadtzeitung "Seemoz" attestiert Pantisano einen "machtkritischen Blick". Den hat er. Auf Stuttgart 21. Auf Wohnungsspekulanten. Auf die Polizei, die in der Landeshauptstadt seit ihrem rabiaten Vorgehen gegen den Stuttgart-21-Protest unter besonderer Beobachtung steht. Oder den Staatsschutz, der eigentlich ermitteln sollte, wer dem Stadtrat Pantisano Morddrohungen schickt, dann aber gegen ihn selbst vorging, weil ihn ein AfDler des Hausfriedensbruchs bezichtigt hatte: Pantisano streamte mit seinen Fraktionskollegen "Rockpolitik TV" aus einem besetzten Haus.
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