Für einen richtigen Fußball hat es nicht gereicht. Egal. Etwas abseits vom Geschehen stehen ein paar Nachwuchs-Ronaldos und jonglieren frohlockend mit einem leeren Tetra Pak Eistee, Geschmacksrichtung Pfirsich. Ein Stück weiter fläzen sich Interessierte und AktivistInnen mehr liegend als sitzend auf dem Boden herum, einige von ihnen breiten Teppiche und Isomatten aus, manche können sich sogar ein Zelt leisten. Schwermütig ertönt eine lakonische Trompete, erst allein, dann gesellt sich lebensfrohe Percussion dazu. Ein zufällig am Spektakel vorbeischlendernder Passant, dessen ratloser Blick auf fortgeschrittene Verworrenheit hindeutet, erkundigt sich, was zur Hölle hier los ist, und stellt, nachdem ihn Auskunftsfreudige aufklären, fest: "Hä, das is ja voll alternativ."

Andrea Schmidt (links) und Britta Mösinger vom Leerstandsmelder Stuttgart
Am vergangenen Freitag hat das parteifreie Bündnis Stuttgart Ökologisch Sozial (SÖS), zwei Tage vor den Kommunalwahlen in Baden-Württemberg, einen eher unkonventionellen Ansatz präsentiert, um dem Problem schwindelerregend in die Höhe schießender Mieten Herr zu werden: Die Lösung laute, den Wohnraum einfach ganz abzuschaffen. Und stattdessen Plätze oder Flächen in der Stadt zu nutzen für das individuelle Daseins-Bedürfnis. "Am Anfang war ich auch skeptisch", räumt Andrea Schmidt ein, die das Event mitorganisiert und auf SÖS-Listenplatz 4 für den Stuttgarter Gemeinderat kandidiert hat. Doch die Vorzüge lägen auf der Hand. So braucht man in einer Stadt, in der niemand wohnt, keinen sozialen Wohnungsbau. Flächen werden frei für dringend benötigte Shopping-Malls und Konsumtempel wie das Milaneo – nur bedeutend größer! Außerdem könnten Investoren in der Stadt ohne Menschen endlich nach Herzenslust spekulieren, ohne dabei von lästigen Bewohnern ausgebremst zu werden. "Das Problem am Wohnen ist das Wohnen", fasst Schmidt ihre Analyse zusammen. Lange hält sie das nicht durch ohne zu lachen.
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