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Who the fuck is Werte-Union

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Atomkraft ja bitte, Migranten raus, solange sie sich nicht so gut benehmen wie die Deutschen im Urlaub, Europa zur Festung und Merkel muss weg: Das ist die Werte-Union. Am vergangenen Samstag traf sie sich zur Vollversammlung in Filderstadt. Viele waren nicht da.

Meine Güte. Da könnte man meinen, man hätte es mit wichtigen Leuten zu tun. "Werte-Union – Mitsch kann sich Maaßen als Innenminister vorstellen". "Werte-Union fordert Urwahl, Kampfansage an Kramp-Karrenbauer?", "CDU-Konservative wollen Friedrich Merz als Merkels Nachfolger", "Die konservative Werte-Union hat CDU und CSU zu einer klaren Abgrenzung nach links und zur Lösung der drängenden Probleme der Bürger aufgefordert." Das vermelden diverse Medien in der vergangenen Zeit, zuletzt auch die dpa am vergangenen Wochenende.

Nicht so wichtig

Die Mini-Splittergruppe Werte-Union (WU) ist aber weder wichtig noch einflussreich. Nur ein kleiner Haufen (rund 2000 Mitglieder) innerhalb der Unions-Parteien, der ganz besonders laut schreit. Gegründet hat sich der "freiheitlich-konservative Aufbruch" 2017 in Schwetzingen bei Heidelberg, als Absage an Angela Merkels Flüchtlingspolitik. "Kontraste", das kritische Magazin der ARD, bezeichnete die WU kürzlich als Scharnier nach ganz rechts, als einen "rechtskonservativen Verein, der die CDU inhaltlich zur AfD öffnet", mit dem Ziel, "die CDU wieder wählbarer für Konservative und Patrioten zu machen".

Innerhalb der Union ist die Gruppe weder anerkannt noch besonders geschätzt, auf Nachfragen mag man sich nicht zu ihr äußern, auch nicht wer mit ihr sympathisiert und schon mal bei einer Veranstaltung war. Einer, der dort schon als Hauptredner auftrat, ist Manuel Hagel, Generalsekretär der CDU Baden-Württemberg. Er ist zu diesem Thema nicht zu sprechen. Sei’s drum.

Am Samstag traf sich die Werte-Union zur Vollversammlung in der Filharmonie in Filderstadt. Der Saal war bestenfalls luftig gefüllt, die Berliner Mitglieder zum Großteil nicht da, weil in der Hauptstadt Flüge ausgefallen waren. Und so sitzen etwa 100 Leute in den Reihen. Zwei Tage zuvor hatte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl seinen Besuch abgesagt (er sei unter Druck gesetzt worden, behauptet WU-Chef Alexander Mitsch, "meine Damen und Herren, das ist doch kein Demokratieverständnis!"). Also sollte Hans-Georg Maaßen einspringen, der ehemalige Chef des Bundesverfassungsschutzes, den die Werte-Union aus der politischen Versenkung zurück auf die Bühne gehievt hat. Maaßen steckt allerdings auch am Berliner Flughafen fest, hat aber ersatzweise eine "Videobotschaft" angekündigt. Für die Neugierigen: Sie fällt grau aus (grauer Mann sagt graue Dinge vor grauem Hintergrund).

Um kurz nach elf startet die Veranstaltung, zunächst mit – Testimonials: Sylvia Pantel, Sprecherin des "Berliner Kreises", meinungsstark, was Geflüchtete, Abtreibung und Klimapolitik betrifft, und eine, die bei Facebook auch schon mal mausrutscht, schickt aus Berlin per Hochkant-Handy-Video ganz viele Grüße und so weiter. Alexander Mitsch hat am Tag zuvor noch mit Friedrich Merz telefoniert, der ebenfalls "herzliche Grüße" ausrichten lasse. Der telegene Jungstar der Union, Philipp Amthor, war zwar eingeladen, lässt sich aber entschuldigen und grüßt ganz klassisch per Mail: Es sei doch gut, dass man miteinander spreche und nicht übereinander und die CDU brauche ein starkes und konservatives Fundament. Jawoll.

WU rettet die Meinungsfreiheit

Dann: Power-Point-Folie Nummer vier, Polizeigewerkschafter Rainer Wendt trägt vor zum Thema  "Deutschland sicherer machen". Vor allem vor Flüchtlingen (Messerangriffe), Migranten (Auto-Corsi mit Schusswaffengebrauch) und weil das Wort so wunderbar über die Zunge rollt: vor "Nafris" (sehr viele davon an irgendeinem Bahnhof). Es wird in seinem Beitrag, wie so oft an diesem Tag, um "gefährliche Menschen, die nicht abgeschoben werden" gehen, um "rot-grünen Quatsch", um die "kriminelle Antifa", der läuft gut, da klatscht das Publikum. Und natürlich um – MEINUNGSFREIHEIT! Weil man in Deutschland bekanntermaßen seine Meinung nicht mehr sagen darf – dieses Thema ist der WU sogar eine ganz eigene Kampf-für-die-Meinungsfreiheit-Website im Netz wert. Der ganze Sermon kommt einem unheimlich bekannt vor.

Dazu gibt’s eine Runde Medienschelte: Der kritische "Kontraste"-Beitrag zur Nähe zwischen Werte-Union und AfD würde zeigen, wie "der ganze Rest journalistischer Professionalität in rot-grünem Regierungsdrama"... blablabla.

An dieser Stelle unterbrechen wir unseren Beitrag und senden Testbild. Weil wir lieber Farbe mögen anstatt schwarzbraun. Und weil man sich nach der AfD nicht auch noch von einem Haufen CDUler beleidigen lassen will, die ihre sowieso nicht mit übermäßiger Progressivität gesegnete Partei in die innerparteiliche Steinzeit zurückbeamen möchten. Wer so laut schreit, er dürfe seine Meinung nicht äußern, hat, das lehren die vergangenen Jahre, nichts Interessantes zur politischen Diskussion beizutragen, nur eine Menge Rassismen, von der die Gesellschaft wirklich genug hat.

Deshalb: #Boykott_Werteunion. Ignorieren wir mit Lust und Freude Pressemitteilungen dieser Gruppe. Deren Stellungnahmen und "Forderungen" im Posteingang kann man auch super ausdrucken und lustige Papierflieger draus falten, Interview- und Gesprächsangebote – hinein in den virtuellen Mülleimer! Apple-NutzerInnen sei empfohlen, den Ton anzuschalten, das Knrrrpss-Geräusch bei "Papierkorb entleeren" ist ganz herrlich.

Der Kontraste-Beitrag ist ein Musterbeispiel für einen guten, relevanten und sinnvollen Beitrag zu dieser Splittergruppe der CDU/CSU: Hintergrundrecherche, die einordnet, Beziehungen offenlegen, entlarvt. So geht’s. Alles andere ist überflüssig.

Testbild gibt es hier zum Runterladen.


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5 Kommentare verfügbar

  • Nico
    am 23.06.2019
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    Sehr wohl gesprochen, Hr. Dr. Gscheidle.

    So sieht es hinter der dunkeln Seite "des Mondes" aus.
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Ausgabe 709 / Bedeckt von braunem Laub / bedellus / vor 1 Tag 51 Minuten
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