Als einen wesentlichen Treiber der Verdrängungsprozesse hat das difu den Ersatzneubau, also den Abriss bestehender Wohnungen zugunsten von teureren Neubauten, benannt. "In fast allen Fällen", heißt es wörtlich, "richtet sich das Wohnungsangebot dieser Neubauten nicht nur an die BewohnerInnen der abgerissenen Alt-Bestände, sondern vor allem an NeubewohnerInnen." Kostengünstige Wohnungen werden abgerissen, in den neu gebauten befinden sich aber nur zum kleineren Teil Sozialwohnungen.
Dieses Verfahren praktiziert auch die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG), etwa am Hallschlag. Die SWSG übernimmt jetzt auch die Bestände des städtischen Klinikums, saniert sie teuer und vermietet sie dann teilweise zum doppelten Preis. Auch der Wohnungsbestand der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) soll der SWSG zugeschlagen werden. Auf diese Weise kann die Stadt vordergründig den Eindruck erwecken, ihr Wohnungsbestand wachse, wie dies nun ein Antrag der Grünen, der SPD und von SÖS-Linke-Plus fordert.
Eigentlich hatte in diesem Antrag gestanden, die SWSG solle ihren Anteil am Bestand der Stuttgarter Wohnungen von sechs auf zehn Prozent erhöhen. Das ist nicht sonderlich viel. Die städtischen Wohnungsgesellschaften in Hamburg und Frankfurt beispielsweise besitzen jeweils 14 Prozent der Bestände. Dennoch bekam Silvia Fischer, SWSG-Aufsichtsrätin der Grünen, am Vorabend kalte Füße, und drängte darauf, die Zahl aus dem Antrag zu streichen. Nun heißt es, die SWSG solle ihren Anteil "sukzessive auf 10 Prozent steigern". Also irgendwann einmal, alles unverbindlich.
"Die Wohnungspolitik setzt also weiterhin den falschen, weil (sozial-)wohnungspolitisch und ordnungspolitisch falschen Kurs fort", resümiert Linken-Stadtrat Tom Adler. Mit dem Aktionsbündnis Recht auf Wohnen und weiteren Partnern wie Mieterinitiativen, AnStifter, Verdi, Naturfreunde, Bürgerinitiative Neckartor, Flüchtlingsfreundeskreisen und dem K-21-Aktionsbündnis hat er für den Tag, an dem der Gemeinderat den Haushaltsentwurf diskutiert, zu einer Kundgebung vor dem Rathaus aufgerufen. Unter dem Titel "Ihr spart uns kaputt und krank! Es ist genug für alle da!" wollen die Aktivisten am Donnerstag den 19. Oktober, ihrem Unmut lautstark Ausdruck verleihen.
Schon unter Susanne Eisenmann war Kultur-Unterfinanzierung Thema
Sprechen wird auch Hans Christ, einer der Leiter des Württembergischen Kunstvereins (WKV), der gerade eine spektakuläre Ausstellung mit und über den Filmemacher, Literaten und Intellektuellen Alexander Kluge eröffnet hat. Obwohl die damalige Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann bereits für den letzten Doppelhaushalt beantragt hatte, die strukturelle Unterfinanzierung der Kultureinrichtungen zu beheben, kommt der WKV, wie viele andere Einrichtungen, in der "grünen Liste" der von der Bürgermeisterriege bewilligten Etaterhöhungen wieder nicht vor.
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Fritz Meyer
am 20.10.2017