Und noch eine Entscheidung kommt bei den beiden Frauen vom Stuttgarter Wilhelmsplatz, wo der Landesverband zuhause ist, gut an. Andrea Nahles zur Fraktionschefin im Bundestag zu machen, hält Luisa Boos, Generalsekretärin der Südwest-SPD, ebenso für richtig. Und Leni Breymaier findet deutliche Worte an die Adresse der Nahles-Kritiker: "Man kann sich einen Batzen Teig nehmen und jemanden backen. Jung, unverbraucht, nie einen Kompromiss gemacht, 30 Jahre Erfahrung, frech und doch immer korrekt. Nahles hat als Arbeitsministerin einen sehr guten Job gemacht. Und sie wird eine gute Fraktionsvorsitzende sein. Mein Vertrauen hat sie."
Die beiden Frauen kämpfen für mehr Frauen in Spitzenpositionen. Das Duo kann sich gut vorstellen, dass die Noch-Bundesfamilienministerin Katarina Barley ins Amt der Generalsekretärin zurückkehrt. Was endlich mit einem alten Dogma aufräumen würde, denn die promovierte Journalistentochter und Juristin mit französischem Rechtsdiplom kommt wie Nahles aus Rheinland-Pfalz. Der Regionalproporz müsste bei dieser wichtigen Personalie zurückstehen. Breymaier ist ohnehin der Meinung, dass eine Partei, die von 20 Prozent aus bundesweit erfolgreich in neue Zeiten starten will, "vieles überdenken muss, strukturell und programmatisch".
Die Oldies Schröder und von Dohnanyi nerven
Abgesehen von einer großen Ausnahme. "Martin Schulz muss und wird bleiben", sagt Boos. Die Stimmung an der Basis sei eindeutig. Es gebe auch kritische Rückmeldungen, aber insgesamt eine "ganz klare Unterstützung". Breymaier hat sich unverzüglich mit jenen "Silberrücken" angelegt, wie es auf Facebook heißt, die Schulz zügig in die Wüste schicken wollen: "Ach, Klaus Karl Anton von Dohnanyi und Gerhard Schröder, könnt ihr euren Bedeutungsverlust nicht anders kompensieren, als der Partei vor und nach der Wahl ungebetene Ratschläge zu erteilen? Das nervt. Basta."
Digital und analog ungeklärt ist, mit welchem Schnitt die Erneuerung anfangen soll. Schulz' Kritiker verlangen einen Restart nach der so krachend verlorenen Bundestagswahl. Es gehe nicht um einen "Sündenbock", schreibt in seinem Online-Appell Marco Bülow, der Dortmunder Bundestagsrebell, der so oft gegen die Fraktionsführung gestimmt hat in der vergangenen Legislaturperiode wie kein anderer im Hohen Haus. 1800 Menschen haben den Text unterschrieben. Aber eine Erneuerung hält Bülow nur dann für "glaubwürdig, wenn nicht wieder die gleichen Leute, deren Strategie und Führung gescheitert ist, wichtige Positionen besetzen". Konkret zum Thema Nahles: Es sei unpassend, "dass neugewählte Abgeordnete schon vor der ersten Fraktionssitzung erfahren, wer sie zukünftig anführen soll".
Befeuert werden derartige Wortmeldungen von interessierten Kreisen, die der Sozialdemokratie noch nie nahestanden. ZDF-Talker Markus-Lanz und der frühere "Focus"-Chefredakteur Wolfram Weimer ("Der Steuerstaat mutiert zum gierigen Raubtier") haben sich schon im Mai die Stichworte zugeworfen, um Schulz – natürlich in Abwesenheit – zu bashen. Gleich nach der Bundestagswahl bekam Weimer eine zweite Gelegenheit zum Rundumschlag, kritisierte, dass der gescheiterte Spitzenkandidat nicht zurücktrat, sondern sogleich verkündete, die SPD in die Opposition zu führen. Ausgerechnet FDP-Chef Christian Lindner legte wenige Tage später nach und prophezeite Schulz das Verfallsdatum als Bundesvorsitzender: Ende Oktober. Mittlerweile hat Schulz klargemacht, dass er sich im Dezember beim Berliner Bundesparteitag zur Wiederwahl stellen wird.
11 Kommentare verfügbar
Andromeda Müller
am 17.10.2017Bei 90 % des kompletten Polit-Personals der transatlantischen Eliten wird mir persönlich übel. Ein paar Vernünftige lassen sich überall finden. Die bleiben aber fast immer über kurz oder lang auf der…