Sie behaupten, "ein ganz klares Zeichen für Ehe und Familie" setzen zu wollen. Schon das ist nicht aufrichtig. Denn mindestens ebenso sehr wollen sie Stimmung machen gegen die grün-rote Landesregierung, gegen Teile von CDU und FDP, gegen den Staat und seine Institutionen – um Wasser auf die Mühlen der AfD zu lenken. Die Verantwortlichen der "Demo für alle" kommen aus mehr als 30 Organisationen. Allesamt verstehen sie sich als christlich geprägt. Und sie haben doch, erst recht in der aktuellen Gefechtslage, wenig im Sinn mit Nächstenliebe und Wahrhaftigkeit.
In der inszenierten Vielstimmigkeit vor dem nächsten Aufmarsch am Sonntag in Stuttgart werden die Nebelkerzen-Werfer in Stellung gebracht: "Richtigstellungen" schwirren durchs Netz, um dubiose Verbindungen zu frommen Fundis zu verschleiern. Auf der Seite der "Demo für alle" stehen "zu aktuellen Falschbehauptungen hinsichtlich Trägerschaft und Organisation" Einzelheiten über die vertrackten Verbindungen zwischen Hedwig von Beverfoerde und Beatrix von Storch, AfD-Vize und Mitglied im EU-Parlament, zu lesen. Inhalt: Die "Demo für alle" sei trotz ehemaliger und nun entwirrter personeller Nähe der beiden Damen keine AfD-Veranstaltung, wie die Presse immer wieder behauptet.
Und doch hätte Reinhard Marx, der Münchener Kardinal und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, als er der AfD-Bundesvorsitzenden Frauke Petry entgegenschleuderte, sie verwende "radikale Hasssprache" und reiße Gräben in der Gesellschaft auf, diese scharfe Absage genauso an die Demonstrierer mit dem ultra-orthodoxen Familien- und Gesellschaftsbild adressieren können. Zumal die sich der Schnittmengen mit der AfD durchaus gerne rühmen.
Von Stuttgart aus wollen sie eine immer noch größere Bewegung werden, wollen immer mächtiger zu Felde ziehen "gegen die alles durchdringenden Umerziehungsversuche gut organisierter Lobbygruppen und Ideologen". Ein Blick ins AfD-Wahlprogramm belegt den Schulterschluss: "Die Politik des 'Gender Mainstreaming' mit all ihren Folgeerscheinungen wie Frauenquoten, Gleichstellungsbeauftragten und staatlicher Propaganda für sexuelle Minderheiten lehnt die AfD rigoros ab. Sie setzt sich für den Schutz der traditionellen Ehe und Familie ein und erinnert an das Gebot der Gleichberechtigung in unserem Grundgesetz, dem staatlich verordnete Quoten Hohn sprechen." Denn: "Nur aus der Verbindung zwischen Mann und Frau gehen Kinder hervor, die die nächste Generation unserer Gesellschaft bilden."
Die Demo für alle als deutsche Tea Party
Natürlich besitzen die bemerkenswert vielen Akademiker, die sowohl bei der AfD als auch bei den rechten Christen anzutreffen sind, das formale Textverständnis, um die unfreiwillige Komik solcher Zeilen zu begreifen. Es fehlt aber an der Ehrlichkeit, das einzugestehen, und an der Demut, anderen nicht immer gleich das Schlechteste zu unterstellen. Speziell mit der absichtlichen Umdeutung des Gender-Begriffs im politischen Nahkampf.
23 Kommentare verfügbar
Müller
am 02.03.2016Danke.
Dann ging es ja gar nicht um S21, sondern nur um die Frage, ob wir Baden-Württemberger bereit sind unsere Steuergelder für das Projekt auszugeben.
Und dass die meisten im Ländle gerne ihre Steuern für S21 zahlen hat natürlich nichts mit der Zustimmung zu S21 zu tun.
Ihr seid…