Jörg Meuthen steht am Rednerpult, die Baden-Württemberg-Fahne hinter ihm knittert schon. Er habe fünf afrikanische Patenkinder. Ihn einen Rassisten zu nennen sei ja wohl lächerlich. "Wir kämpfen nicht gegen Ausländer. Es gibt genug, die funktionieren und wunderbar mitlaufen. Wir kämpfen für die Wiederherstellung von Recht und Ordnung!", sagt er und schickt einen Gruß auf die Empore, dort sitzt die Polizei zum Schutz gegen die Antifa.
"Wir müssen damit leben, dass man uns bekämpft, und uns standhaft durchsetzen", sagt Meuthen, dass seine Partei "diffamiert" wird, die Partei, die sich aus gestandenen Leute speist, nicht aus alimentierten Berufspolitikern wie bei den "Kartellparteien", sondern solche mit richtigen Berufen! Das ausgerechnet Shootingstar Frauke Petry ihren Job zum Jahreswechsel aufgegeben hat und nur noch Politik machen möchte, bleibt unerwähnt. Der Saal lacht herzhaft, als Meuthen gegen Ende "Ich sage immer noch Studenten und nicht Studierende, ich bin noch nicht durchgegendert" sagt und keiner merkt, dass das nichts zu tun hat mit Gender-Mainstreaming, sondern nur mit Frauenabwertung.
Ein Mann mit rotem Schal sagt, die AfD habe ein Problem mit Björn Höcke, wie man das zu lösen gedenke. Höcke war der, der Afrikanern ein ausuferndes Sexualverhalten unterstellt hat, und auch nur einer, der beispielhaft steht für die zahlreichen rassistischen Ausfälle an der Parteispitze. "Höckes Äußerungen sind nicht jedermanns Sache", antwortet Meuthen, aber der ganz rechte Rand sei eben auch im Meinungsspektrum der AfD enthalten, das dürfe so sein. Eine Frau, früher bei der FDP, sagt, über die Medien erfahre man nichts über die AfD, wie die Strategie sei, das zu ändern? "Mit Geduld, Aufrichtigkeit und Authentizität", sagt Meuthen. Vor allem über soziale Netzwerke wie Facebook. Parteivize Beatrix von Storch hat jüngst mit ihrem Posting zur Erschießung von Frauen und Kindern an der Grenze gezeigt, wie grandios man das versauen kann.
Am Rande der Veranstaltung steht ein 30-Jähriger. Er hat eine kleine Tochter und erfahren, dass auch in seinem Ort Flüchtlinge untergebracht werden. "Ich kann die doch nicht jeden Tag in die Schule begleiten, damit ihr nichts passiert", sagt der Mann. Er ist sauer. Einem Flüchtling begegnet ist er noch nie, aber von Flüchtlingsgewalt hat er gehört, von Köln, der vermeintlich entführten 13-jährigen Lisa, vor allem aus den russischen Medien, die deutsche Presse sei korrupt. Landtagskandidat Klauß aus Jettingen wird später sagen, der "Schwarzwälder Bote" habe einen unverschämten Text über den Abend geschrieben. Seine Mutter sei entsetzt gewesen, wie falsch da berichtet würde. Aber auch erleichtert, denn Rechte habe sie keine gesehen.
Früher am rechten Rand der CDU, heute AfD
In der Nagolder Seminarturnhalle sei ein Zuhörer auf ihn zugekommen und habe erzählt, dass er bisher immer NPD gewählt habe. Aber die sei so national geworden. Jetzt sei die AfD seine neue Heimat. Thomas Roller schaut gewinnend, das Beispiel sollte ein positives sein.
Roller ist 55 Jahre alt, ein drahtiger Typ mit spitzer Nase, blütenweißem Hemd und beiger Leinenhose. Außen an der Tür zu seiner Wohnung hängt das Kehrwochenschild für diese Woche, innen eröffnet sich durch die Fensterfront ein Postkarten-Panorama – Burg, Stadt im Tal, Schwarzwald drum herum und obendrüber strahlende Sonne. Wenn er morgens aufsteht und ins Bad geht, läuft er auf seine Fotosammlung an der Wand zu: Roller mit Angela Merkel, Roller mit Günther Oettinger, Roller mit Erwin Teufel. Seine Leidenschaft hänge man schon mal an die Wand, bei ihm sei das die Politik. "Bismarck, Adenauer, Kohl", sagt er strahlend.
Er war jahrzehntelang der rechte Rand der CDU, das sagt er von sich selbst, bis zum ersten Euro-Rettungspaket. Da ist er ausgetreten, habe die AfD entdeckt und 2013 an der Raststätte Hegau-West mit einem Mann aus Oberschwaben und einem aus Baden den Landesverband Baden-Württemberg gegründet. Und groß gemacht.
Einer, der maßgeblich dabei geholfen hat, ist Gabriel Stängle, der Petent, der vor zwei Jahren die Petition gegen den grün-roten Bildungsplan eingereicht hat. Er lebt nur ein paar Kilometer Luftlinie weit weg, man kennt sich, man sei ja "thematisch auf einer Linie". "Ich brauche keine dritte Toilette, kein drittes Klo-Zelt für geschlechtsneutrale Flüchtlinge. Diese ganze Genderdiskussion ist der letzte Schwachsinn", sagt Roller.
21 Kommentare verfügbar
Thomas Roller
am 10.02.2016Von Redaktion kann ja keine Rede sein, es
könnte höchsten heißen, Frau Hunger bleibt
bei Ihrer Darstellung.
Außer Ihr und mir war bei dem Interview
ja niemand dabei.
Im "Kontext"ihrer von vornherein negativen
Einstellung gegenüber der AfD war
die…