Da war Peter Alexander Anfang der Siebziger deutlich weiter. "Hier ist ein Mensch, der will zu dir, du hast ein Haus, öffne die Tür", sang der Wiener mit dem unverwechselbaren Schmelz in einem seiner größten Hits. Von der Sehnsucht nach "Güte und Gerechtigkeit" in einer neuen Zeit sprach er bei einem seiner letzten Radio-Interviews vor gut zehn Jahren, die da zum Ausdruck kommen sollten. Als sich das Lied an der Spitze der Charts festsetzte, war in der Bundesrepublik gerade Willy Brandt (SPD) Bundeskanzler geworden, in Österreich und Schweden regierten Bruno Kreisky (SPÖ) und Olof Palme (SP). Alle Genannten würden im Grab rotieren, wüssten sie um die vielen verriegelten Türen und verregelten Herzen, um die Debatten über Zäune und Zonen, um dieses Bild aus Hysterie und Egoismus, das die Reichen in der reichsten Region der Welt zu einem großen Teil von sich selbst entwerfen.
Argumenten sind die Migrations-Schwarzmaler wie eh und nicht zugänglich, und in der Wahl ihrer Mittel sind sie alles andere als zimperlich. Statt Aufgeregtheiten und den unentwegt beschworenen Ängsten seriös entgegenzuarbeiten, legen sie immer neue Lunten. "Polit-Wrestling" heißt das inzwischen in den USA, wo mit Donald Trump ein millionenschwerer Hasardeur mit immer neuen Wahnsinnsideen seine Anhängerschaft seit Monaten in einen Aufstand gegen die Vernunft führt. Hierzulande geht es geordneter zu, wiewohl das Entfachen von Scheindebatten inzwischen zum festen Repertoire von Unionspolitikern – nicht nur aus München – gehört. So wird CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf nicht müde, Transitzonen zu fordern. Wozu jene Transitzonen führen würden, beschreibt Walter Wüllenweber im aktuellen "Stern": "Eine neue Siedlung wäre entstanden, vermutlich gleich neben Passau mit doppelt so vielen Einwohnern wie Passau. Straßen hätten gebaut werden müssen, Häuser, ein eigenes Kraftwerk, eine eigene Kläranlage ... Heute spricht kein Mensch mehr über die ultimative Idee, die fast die Koalition gesprengt hätte."
Außer eben Wolf. "Wir werden uns für Transitzonen einsetzen", verspricht er vergangene Woche im Landtag, "das wollte die CSU vor Monaten, und die SPD hat sie ausgebremst." Für Letzteres hätten die Sozialdemokraten wahrlich anhaltenden Beifall verdient, sie haben ihn aber nicht bekommen. Und Unionspolitiker drehen die Schrauben immer fester, in der Hoffnung, den Rechtspopulisten den Wind aus den Segeln zu nehmen. "Die Steigerung von fest ist ab, sagt der Handwerker", so SPD-Europaminister Peter Friedrich und weiß, dass die linke Mitte in ganz Europa längst auf ziemlich verlorenem Posten steht.
1 Kommentar verfügbar
Andrea
am 03.02.2016Malen Sie sich kurz eine Transitzone aus - wie groß wäre die, wie viele Gebäude, welche Fläche würde dieses Konstrukt belegen? Wie würde…