Die gute Nachricht zuerst: Im Netz geht gerade die Post ab, weil engagierte Kommentatoren und Twitterer sich jene zur Brust nehmen, die Stuttgart zum Nukleus ihrer Kampagne gemacht haben: Schon acht Mal haben die selbst ernannten Familienschützer der "Demo für alle" die Stadt schon mit einer Kundgebung überzogen. Der Schlagabtausch auf Facebook und in einschlägigen Portalen belegt jedoch auch, dass alle noch so ernsthaften Bemühungen nichts nützen. Die Anhänger und vor allem -innen des ewig gestrigen Gesellschaftsbilds bleiben bockelhart bei ihrer Überzeugung: Die Landesregierung plane eine breit angelegte "frühsexualisierende Umerziehung" kleiner Kinder zwecks Aushebelung von Ehe und Familie. In der Überschrift des neuen Bildungsplans stehe "'Gleichberechtigung für Schwule'", postet einer der Grün-Rot-Kritiker, und im "Kleingedruckten" heiße es: "2jährige wollen onanieren, der Erzieher soll sie dazu anleiten."
Solcher Unsinn könnte sich selber richten, wären Teile der CDU nicht längst emsig auf Stimmenfang. Für die gesellschaftspolitischen Ultras interessieren sich nicht nur führende Vertreter der Jungen Union, der Evangelische Arbeitskreis der Partei mit landesweit immerhin 22 000 Mitgliedern, die "Christdemokraten für das Leben" (CDL), sondern sogar eine ganze Riege von Landtagsabgeordneten. Nach Grußworten, anbiedernden Ergebenheitsadressen und gemeinsamen Veranstaltungen rühmen sich immerhin zehn Volksvertreter eines parlamentarischen Antrags, der – ohne Namensnennung – Brigitte Lösch angreift, weil sie als Verwaltungsratsmitglied der Württembergischen Staatstheater eine Aktion gegen die "Demo für alle" am 11. Oktober gesteuert haben soll: Zur "Demo für alle"-Kundgebung hing an der Stuttgarter Oper ein großes, regenbogenfarbenes Transparent. Seither sieht sich Lösch einer Hetzkampagne im Netz und in Leserbriefen ausgesetzt.
Die Grüne ist für die Schwarzen schon lange ein rotes Tuch. Sie hatte der CDU im Wahlkreis Stuttgart IV das Direktmandat weggeschnappt, ist eine unbeirrt bekennende Stuttgart-21-Gegnerin und Fürsprecherin von Bildungs- und Aktionplan. Der Diskriminierung "lesbischer, schwuler, bisexueller, transsexueller, transgender, intersexueller und queeren Menschen von der Kindheit über die Jugend bis ins Alter" will sie entgegenwirken. Es ärgere sie "maßlos", bekennt Lösch, "wenn rund um die 'Demo für alle' unter dem Deckmantel des Schutzes von Familie und Kindern krasse Unwahrheiten gestreut und unbegründete Ängste geschürt werden".
"Vielfalt" passt der CDU überhaupt nicht
Auf die Seite der rechten Realitätsverweigerer, die regelmäßig Unterstützer aus dem ganzen Bundesgebiet nach Stuttgart karren, haben sich mit ihrer Unterschrift unter den Antrag zwei ehemalige Minister (Willi Stächele, Finanzen, und Monika Stolz, Soziales) geschlagen, ein stellvertretender Landesvorsitzender, ein profilierter Schulpolitiker und pensionierter Gymnasialdirektor, der Stuttgarter CDU-Abgeordnete Reinhard Löffler oder die als künftige Wissenschaftsministerin gehandelte Sabine Kurtz. Anlass ist ebendie Aktion am 11. Oktober. "Viele Teilnehmer der 'Demo für alle' in Stuttgart haben ihr Unverständnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass ihnen das Betreten der Außentreppe des Opernhauses untersagt wurde, während gleichzeitig ein Transparent in Regenbogenfarben mit dem Schriftzug 'Vielfalt' an der Fassade des Gebäudes entrollt wurde", schreibt Löffler dieser Tage auf seiner Homepage. Und weiter: "Vor dem Hintergrund des Charakters der Staatstheater als einer mit Steuergeldern geförderten öffentlichen Einrichtung stellt sich die Frage, ob es zulässig ist, dass sie für politische Meinungsbekundungen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter genutzt werden."
11 Kommentare verfügbar
Kornelia
am 01.12.2015den Saubermann und den Dunkel-Deutschen?!
Kohl war bekannt für seine Affaire, Seehofer hat ein(oder mittlerweile zwei?) außereheliche…