Es hätte viele Chancen gegeben, zu sagen, wir sind dabei. Zuletzt in dem Artikel, der mit dem Titel überschrieben war: "Mehr als 70.000 Firmen melden Kurzarbeit an." Erschienen am 31. März in der Onlineausgabe der "Stuttgarter Zeitung". Kein Wort in eigener Sache. Mehr noch. Das Schwesterblatt in München, die "Süddeutsche Zeitung", befand, die Medienindustrie verhalte sich "gegenläufig". Kurzarbeit gebe es nur bei Bertelsmann und der Funke Mediengruppe, nicht einmal bei Springer. Dort wurde gar betont, vor allem im Journalismus komme das "nicht in Betracht". Von der Südwestdeutschen Medienholding (SWMH) kein Ton. Obwohl sie es hätten wissen müssen.
Die Post von Geschäftsführer Christian Wegner, Amtssitz München, datiert vom 25. März 2020, gerichtet an die lieben Kolleginnen und Kollegen, ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise träfen das Unternehmen "mit großer Wucht", warnte der SWMH-Chef, "wir planen ab dem 1.4. Kurzarbeit". Nachvollziehbar aus seiner Sicht: Die Anzeigenerlöse im März um rund 30 Prozent gesunken, dramatischer Einbruch des Werbemarkts in den kommenden Monaten, der Einzelverkauf der Printzeitungen "deutlich zurückgegangen", ein Großteil der Druckaufträge storniert. Mit unterzeichnet haben weitere vier Topmanager des Konzerns, der 5500 Beschäftigte an mehr als 30 Standorten zählt.
Unter ihnen ist das Du, wie einst erzählt, eine vertraute Angelegenheit. Gegenüber der Belegschaft ist es eher neu, wenn Wegner von "eurem Betrieb", von "eurem Betriebsrat", von "eurem Geschäftsführer" redet. Da scheint Identitätsstiftung notwendig zu sein.
Jetzt ist der Staat auch Verlegern willkommen
Vor einem Jahr hat der studierte Betriebswirt an der Spitze noch ein 100-Millionen-Euro-Investitionsprogramm verkündet, den Qualitätsjournalismus zu "unserer DNA" erklärt und die gedruckte Zeitung zu einem sinnhaften Produkt, das noch viel länger erhalten bleibe, "als alle denken". Das ist Geschichte. Die Gegenwart heißt Corona und Hilfe vom Staat, der in guten Zeiten eher stört, in schlechten aber willkommen ist. Der Verdienstausfall könne über Kurzarbeitergeld "teilweise" ausgeglichen werden, schreibt der SWMH-Leader weiter, wobei die Betonung offenbar auf "teilweise" liegt, wie die Gewerkschaft Verdi kritisiert.
Während in anderen Branchen das Kurzarbeitergeld (zwischen 60 und 67 Prozent des Nettogehalts) bis zu 90, manchmal sogar auf 100 Prozent aufgestockt wird, wollen die Südwest-Verleger höchstens auf 80 Prozent gehen, berichtet Siegfried Heim, der Leiter des Landesfachbereichs Medien bei Verdi. Bei ihm laufen die Informationen aus den Verlagen zusammen, und die besagen, dass die "Südwestpresse", der "Mannheimer Morgen", die "Schwäbische Zeitung" und die "Ludwigsburger Kreiszeitung" der SWMH folgen wollen.
6 Kommentare verfügbar
Gisela Heinzmann
am 04.04.2020Warum die Zeitung aber auch qualitativ immer dünner, oder sollte man sich vertippen: "dümmer" wird, ist damit nicht erklärt. Warum werden eigentlich so…