Welchen Anteil an der Erderhitzung beziehungsweise am Energieverbrauch Deutschlands oder Europas hat denn die Rüstungsproduktion?
Dazu fehlen Studien. Es gab 2021 eine von der Linksfraktion im EU-Parlament, die grob schätzte, dass der CO2-Fußabdruck des Militärs aller 27 EU-Staaten bei 24,8 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr liegt. Die Datengrundlage für diese Studie war aber sehr dünn, denn es gibt keine Verpflichtung für die Rüstungsindustrie, ihre Emissionen zu dokumentieren. Die Politikwissenschaftsprofessorin Neta Crawford hat mal für die USA Zahlen vorgelegt – die Rüstungsindustrie ist übrigens nicht leicht zu definieren, weil es sogenannte Dual-Use-Güter gibt, die auch für zivile Zwecke eingesetzt werden. Crawford kam für 2017 zu dem Schluss, dass der Energieverbrauch der Industrie viel höher war als der des gesamten US-Militärs.
Welche Entwicklung ist da abzusehen, Stichwort Aufrüstung?
Eine katastrophale Entwicklung. Im Oktober 2023 veröffentlichte das Transnational Institute in Zusammenarbeit mit Stop Wapenhandel (Niederlande) und Tipping Point North South (Vereinigtes Königreich) die Studie "Climate Crossfire", die von IPPNW Deutschland (Internationale Ärzt:innen zur Verhütung des Atomkriegs) und Centre Delàs (Spanien) mitherausgegeben wurde. Darin geht es um das Ziel der Nato, die Rüstungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben, und inwiefern das einen Beitrag zum "Climate Breakdown" leistet, also zum Zusammenbruch des Weltklimas. Damit wird eine Kriegsökonomie etabliert. Der Planet wird so ein Wettrüsten nicht überleben. Es bedeutet auch einen Wettbewerb zwischen verschiedenen Ausgaben eines Staates, denn das Geld kann dann zum Beispiel nicht für Klimaschutzmaßnahmen ausgegeben werden. Das Zwei-Prozent-Ziel bedeutet eine Verschärfung der Klimakrise, dabei haben wir nicht viel Zeit zu ihrer Lösung.
Welche Vorgaben gibt es denn für die Bundeswehr in Sachen Energie-Einsparung beziehungsweise CO2-Einsparung?
Die Bundesregierung will bis 2030 die Klimaneutralität der Bundesverwaltung erreichen. Meiner Ansicht nach ist das unmöglich, wenn wir uns anschauen, was allein im Rahmen des Bundeswehr-Sondervermögens von 100 Milliarden Euro an neuen Kampfsystemen entwickelt werden soll, zum Beispiel das Future Combat Air System. Die Umsetzung würde jahrelang dauern. Solche Großprojekte sind nicht auf Klimaneutralität ausgelegt.
Die Bundeswehr ist Teil der Bundesverwaltung. Wie soll das gehen, dass sie bis 2030 klimaneutral wird?
Sie sagt ganz stolz, dass die CO2-Emissionen in den Bereichen Mobilität und Liegenschaften schon reduziert sind. Im Nachhaltigkeitsbericht für 2022 steht, sie habe einen Emissionsrückgang um 35 Prozent seit 2005 geschafft. Nicht dazugesagt wird da, dass die Truppe heute nur 183.000 Menschen umfasst. 2005 waren es über 250.000. Der Rückgang bei den Emissionen hat also prozentual dieselbe Größenordnung wie beim Personal. Die Bundeswehr verweist als weitere Ursachen auf Photovoltaikanlagen in Kasernen, den verstärkten Einsatz von Simulatoren zum Beispiel bei der Pilotenausbildung und fast 600 elektrisch betriebene PKW in ihrem Fuhrpark. Großgeräte können aber nicht elektrisch betrieben werden. Das war mal im Gespräch, aber die Batterien dafür wären viel zu groß und schwer. Ein Akku für einen Panzer würde fast sechs Tonnen wiegen, und mit Ladestationen in Einsatzgebieten ist es auch eher schwierig. Jetzt wird an synthetischen Kraftstoffen geforscht. Das Problem daran ist, dass die mit Strom hergestellt werden. So viel Ökostrom haben wir nicht. Die Bundeswehr sagt zudem selbst, dass die Infrastruktur zum Betanken und damit die Verfügbarkeit eines mit synthetischem Kraftstoff betriebenen Flugzeuges im Einsatz problematisch ist.
3 Kommentare verfügbar
Charly1
am 23.02.2024"Die Armeen dieser Erde sind die größten Umweltverschmutzer zu Luft, Wasser, Land" ....die Beurteilung durch Leser war gering oder Daumen nach unten! Ich kam zur Erkenntnis, dass der
Mehrheit der Menschen…