Zur Mittagszeit ist es ruhig am Stadtgarten, der am Campus der Stuttgarter Universität und der Hochschule für Technik angrenzt. Ein kleines Mädchen erfreut sich ob der bunten Blüten im Beet, junge Leute liegen auf der Wiese und genießen den Sonnenschein. Allein die zu Dutzenden aufgefahrenen Polizeitransporter, Gruppen von Frauen und Männern in Uniform auf der Schellingstraße vorm Park, die Barrikaden rund um diesen aufstellen, lassen ahnen, dass diese idyllische Ruhe bald gestört ist.
Zwei Stunden später stehen an jenem Samstag, 22. März, über 1.000 Menschen auf dem Platz, schwenken Deutschlandfähnchen und -flaggen, teilweise auch die russische, auch die weiße Friedenstaube auf blauem Grund ist häufig zu sehen. Angemeldet wurde die Kundgebung mit dem Titel "Gemeinsam für Deutschland" von zwei Gruppierungen aus der "Querdenken"-Bewegung. In allen deutschen Landeshauptstädten waren Demonstrationen dieser Art angemeldet. Angekündigt wurden sie mit Forderungen nach Grenzkontrollen und einem nicht näher definierten "Schutz der Bevölkerung", weder Geld noch Taurus-Raketen für die Ukraine zu schicken sowie "Wahrung der Meinungsfreiheit", die sie in der Regel nur in ihren eigenen Medien verorten, und "Schluss mit der Spaltung unserer Gesellschaft".
Die beiden ersten Redner auf dem Podium im Stuttgarter Stadtgarten – sie werden nur mit ihren Vornamen Andi und Ralf vorgestellt – sind treue Weggefährten von "Querdenken 711"-Gründer Michael Ballweg und häufige Gäste bei dessen noch laufendem Gerichtsprozess. Andi, er trägt ein T-Shirt aus Ballwegs Merch-Shop, verkündet die Auflagen und bemüht sich um Distanzierung: "Wir sind eine friedliche Bewegung, in der Extremismus, Gewalt, Antisemitismus und menschenverachtendes Gedankengut keinen Platz hat." Ralf, er begrüßt die Menge als "Freunde des Widerstandes", schimpft über die Politik: Den "Politikern der Altparteien" gehe es nur um ihre Posten, "das ist eine Einheitspartei SED 2.0 – egal, wen man wählt".
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Ulrich Hartmann
am 01.04.2025