Zu Beginn des Jahres war die Aufregung groß. 130 Euro in der Stunde für ImpfärztInnen (plus Fahrtkosten), 30 bis 50 Euro für die Pflegefachkraft (ohne Fahrtkosten). Angesichts des Beifalls auf den Balkonen erschien das ungerecht, aber nur kurz, weil immer neue Nachrichten die alten überlagerten. Meist schlechte, wie jene von inoffiziellen und offiziellen Maskenschiebern, die derart häufig in der Union auftauchten, dass man meinen könnte, CDU und CSU seien das neue Amazon für Virenabwehrprodukte. So erfreute Gesundheitsminister Jens Spahn die Apotheken mit großzügigst subventionierten FFP2-Masken, die das Steuervolk geschätzt zwei Milliarden kosteten. Sie hätten sich "dumm und dämlich verdient", meinte ein Vertreter dieses Berufsstands in Berlin. Was also sind 130 Euro?
Das fragt sich offenbar auch die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW), die mit den ImpfärztInnen abrechnet. Für ihren Sprecher Kai Sonntag geht diese Vergütung in Ordnung, zumal sie auch noch schlechter ist als in Sachsen und Thüringen, wo 175 Euro die Stunde bezahlt werden. (Damit könne ein Bruttoarbeitslohn von 28.000 Euro pro Monat erzielt werden, lässt der Mitteldeutsche Rundfunk einen Doktor erzählen, was dem dreifachen Gehalt eines Oberarztes entspreche.) Und damit keine Missverständnisse entstehen, betont der Sprecher, dass das Land die Honorarsätze festgelegt habe.
Die Vergütung ist der Marktlage angemessen
Land heißt in diesem Fall Sozialministerium Baden-Württemberg, geführt von dem grünen Manfred Lucha, der einst als Krankenpfleger begann. Dort ist die Sprachregelung eine andere. Die KVBW hätte als Anreiz 130 Euro "ausgelobt", teilt die ministerielle Öffentlichkeitsabteilung mit, um ihre Klientel für den Job zu gewinnen. Man müsse zur Kenntnis nehmen, heißt es im Amt, dass Ärztinnen und Ärzte "nicht arbeitslos durch die Gegend" sprängen, insofern sei die Vergütung der "Marktlage angemessen" im Übrigen auch ihrer Verantwortung, die sie fürs Impfen trügen. Vor diesem Hintergrund ist der Lucha-Behörde zu folgen, wenn sie sagt, die Rekrutierung von heute auf morgen sei eine Herkulesaufgabe gewesen.
9 Kommentare verfügbar
Sabine Weiss
am 03.04.2021Maskenaffäre ,Vergütung und dann das Bild mit den Spritzen und den Euroscheinen -- was ja nur zum Anheizen der momentanen Stimmung führt.
Krisengewinnler und Moralisten gibt es auch…