Von der Ungeheuerlichkeit haben die jungen Menschen am Stuttgarter Flughafen noch gar nichts mitbekommen. "Linksextremisten unterwandern Fridays-for-Future" (FfF), berichteten die "Stuttgarter Nachrichten" (StN) vergangenen Freitag auf ihrer Titelseite. Nisha Toussaint-Teachout, die für die Klima-Aktivisten spricht, wusste davon am Nachmittag noch gar nichts, betont aber schon mal, dass alle der über 70 FfF-Aktionen in Baden-Württemberg absolut friedlich verlaufen sind. So auch im Flughafen der Landeshauptstadt, wo gut 300 SchülerInnen und Sympathisanten gegen die Fahrpreise der Bahn (zu teuer) und der Billig-Airlines (zu günstig) protestieren.
Aber. Dann. DAS!
Die Schlapphüte beobachten zunehmende Einflussnahmen linksextremistischer Kreise auf die Klima-Proteste. Konkret geht es laut StN darum, dass es der Interventionistischen Linken (IL), Bezirk Rhein-Neckar, gelungen sei, bei Klima-Protesten in Mannheim "Solidarisierungseffekte für die linksextremistisch beeinflusste Kampagne 'Ende Gelände' zu erzielen". Auch bei anderen Gelegenheiten habe der Verfassungsschutz vereinzelt Linksextremisten gesichtet. Und all das ist ja wohl Grund genug, einen aufgeregten Text auf der Titelseite zu bringen, haufenweise Eltern in Panik zu versetzen und einen AfD-Mann sagen zu lassen, dass Linksextremisten "von anderen politisch-gesellschaftlichen Akteuren mit offenen Armen empfangen" würden. Andere politisch-gesellschaftliche Akteure kamen in dem Beitrag nicht zu Wort.
Wie schlimm ist schlimm?
Nach eigener Darstellung strebt die IL die "Abschaffung aller Verhältnisse, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist" an. Laut dem Bundesamt für Verfassungsschutz fungiert die Organisation mit bundesweit 850 Mitgliedern aber als "Scharnier zwischen militanten Gruppierungen und nicht gewaltorientierten Linksextremisten". Klingt ja schlimm. Und was stellen sie in Baden-Württemberg an?
Krawall gab's jedenfalls keinen. Auf den 327 Seiten, die der aktuelle Verfassungsschutzbericht zählt, werden ihre Aktivitäten drei Mal erwähnt: Einmal, weil sie an einer Demo gegen Rüstungsexporte teilnahmen (=linksextremistisch beeinflusst), und einmal, weil sie auf einer Demo gegen staatliche Repression waren (auch linksextrem). Außerdem haben die Extremisten an die Opfer des NSU erinnern wollen und dafür Straßenschilder mit deren Namen überklebt. Wörtlich heißt es bei den Verfassungsschützern: "Die 'Interventionistische Linke' (IL) selbst berichtete von 'Umbenennungen' von mehr als 200 Straßen in über 20 Städten. In Baden-Württemberg wurden Aktionen in Heidelberg, Karlsruhe, Stuttgart und Mannheim bekannt."
Das war's?
Nicht ganz. Denn was dem Verfassungsschutz bislang offensichtlich entgangen ist: Auch die kommunistische MLPD versucht die Klima-Jugend aufzuwiegeln – bei verschiedenen Gelegenheiten wurde mindestens ein Anhänger vor Ort beobachtet. Die linksextreme Einflussnahme ist demnach sogar noch größer als befürchtet. Vergangenen Freitag hatten die Kommis sogar ein Plakat am Start: "Wer den Drachen bezwingen will, muss wissen, wo sich sein Herz befindet." Damit auch jeder Trottel rafft, was gemeint ist, hat jemand einen Drachen darüber gepinselt, dessen goldenes Herz mit "Internationales Finanzkapital" beschriftet ist – und das kann man ja wohl auch als Aufruf zum bewaffneten Kampf verstehen (gegen ausgestorbene Reptilien, hihi).
2 Kommentare verfügbar
Waldemar Grytz
am 05.08.2019"Das Böses ist immer und überall!" (wusste schon die Erste Allgemeine…