Das betont auch Rechtsanwalt Udo Kauß, der Landesvorsitzende der Humanistischen Union, der Moos in seinen Verfahren gegen den VS zur Seite steht. Statt die Verfassung zu schützen, urteilt der Freiburger Jurist, würden die Geheimdienste der Meinungsfreiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit eher schaden. Kauß hat auch den Juristen Rolf Gössner vertreten, der 38 Jahre lang Überwachungsopfer des VS war. Rechtswidrig, wie das Verwaltungsgericht Köln 2011 feststellte. Im Fall Moos rechnet Kauß mit einem ähnlichen Ergebnis: "Die Akten liefern keinerlei Anhaltspunkte, die eine Überwachung in diesem Umfang und über so lange Zeit rechtfertigen könnten".
Inzwischen haben er und Moos Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart eingereicht, dieses soll entscheiden, ob die Bespitzelung rechtmäßig war. Doch selbst das Gericht bekommt die Unterlagen über den Freiburger Anwalt nicht ungeschwärzt zu sehen. Denn was dem Gericht vorliegt, müssen auch Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf dem Tisch haben. Und weil das vom Innenministerium nicht zugelassen wird, muss eben eine Entscheidung auf Basis unvollständiger Informationen getroffen werden.
Wer kontrolliert die Geheimdienste?
"Es gibt bei uns keine Instanz, die die Geheimdienste wirklich kontrollieren könnte", kritisiert Kauß, genau das wäre aber angesichts der zahlreichen Skandale dringend notwendig. In einem Memorandum, das der Anwalt als Co-Autor mitverfasst hat, hieß es nach Bekanntwerden des NSU, der VS habe seine "ohnehin schon ramponierte Legitimation restlos verloren und damit den Beweis seiner Überflüssigkeit erbracht."
Während Kauß dafür kämpfen will, dass die vorhandenen Freiheiten "nicht weiter beschnitten werden", forderte Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, erst kürzlich noch mehr Befugnisse, um den "Werkzeugkasten gegen die terroristische Bedrohung" besser zu bestücken. Etwa zeitgleich schrieb der Journalist Kai Biermann in einem <link http: www.zeit.de digital datenschutz external-link-new-window>lesenswerten Kommentar auf "Zeit online", Terrorismus diene "immer als Begründung, wenn die Freiheit der Bürger eingeschränkt werden soll." Dank der großen Angst vor Anschlägen ließen sich "Wähler und Gewählte jeden Unsinn andrehen". Bürgerrechte gebe es eigentlich, um die Bevölkerung vor Überwachung und Willkür zu schützen. Denn: "Macht neigt dazu, missbraucht zu werden."
Gerade der Verfassungsschutz hat für diese These hinreichend Belege geliefert. Vom <link http: www.ndr.de kultur geschichte chronologie external-link-new-window>Celler Loch, über sogenannte Vertrauensleute, die an Brandanschlägen gegen Ausländer beteiligt waren, über staatlich finanzierten Sprengstoff bis zum NSU, den die Behörden übersehen, ignoriert oder schlimmstenfalls verschwiegen haben. Genau aus diesen Gründen, sagt Anwalt Moos, müsste auch den Geheimdiensten jemand auf die Finger schauen dürfen. Mit seiner Klage hofft er einen Präzedenzfall schaffen und eine Debatte in Gang zu bringen, ob man den Geheimdiensten wirklich alles durchgehen lassen will.
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Ruby Tuesday
am 18.06.2017