Geld baut schlecht – nirgends bewahrheitet sich dieser Satz mehr als im Stuttgarter Kessel. Oder um es mit den Worten des britischen Stararchitekten David Chipperfield zu sagen: "Es ist die Maschine des Investments, die die Entscheidungen trifft. Und die will Risiken vermindern. Und wenn Sie jetzt jedes Risiko rausnehmen und alle anderen exzentrischen Motivationen, bekommen Sie natürlich Fließbandware." Es gibt keine andere deutsche Stadt, die ihr Herzstück so vollständig den Investoren dargeboten hat, die ihr Aussehen, ihren Charakter, ihre Identität so umfassend dem Geld der Investoren ausgeliefert hat wie Stuttgart. Das Erbe der Ära des früheren Oberbürgermeisters Schuster ist so verheerend und so umfassend, dass die Verletzungen des Stadtkörpers irreparabel sind.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich der Widerstand insbesondere der innerstädtischen Bevölkerung gegen Stuttgart 21 richtete, das Bauprojekt, das der Auslieferung der Stadt an Investoren aus aller Welt gewissermaßen die Krone aufsetzte.
Das Erschütternde an dem vorliegenden Buch des Journalisten Jürgen Bartle und des pensionierten Richters Dieter Reicherter ist, dass es exemplarisch vor Augen führt, wie die Stuttgarter Justiz in dem Konfliktfeld von Investoreninteresse, Bürger(un)willen und Demonstrationsrecht Partei war und ist. Sie zeigen auf erschreckende Weise, dass diese Justiz ihre Rolle in dem Konflikt um den Stuttgarter Bahnhof nicht darin sah, darauf zu achten, dass er im Rahmen des Rechts ausgetragen wurde. Sie war Partei, von Anfang an.
7 Kommentare verfügbar
Jue.So Jürgen Sojka
am 05.07.2019willig – willfährig – einwilligen, das müssen die von Ihnen Beschriebenen in der Justiz durch _ihre_ selbstgewählte Entscheidung.
Verwundert braucht allerdings _niemand_ sein, dass nicht selbstverständlich ist, was jener Richter am Freiburger Außensenat des Oberlandesgericht…