Auf den ersten Seiten dieses Buches ["Die schützende Hand", d. Red.] findet sich seit der ersten Auflage das Zitat eines Versprechens von Angela Merkel: "Als Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland verspreche ich Ihnen: Wir tun alles, um die Morde aufzuklären und die Helfershelfer und Hintermänner aufzudecken und alle Täter ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Daran arbeiten alle zuständigen Behörden in Bund und Ländern mit Hochdruck."
Die Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland hat dieses Versprechen am 23. Februar 2012 auf der Gedenkfeier für die Opfer des NSU abgegeben. Doch inwieweit konnten die zuständigen Behörden dieses Landes dieses Versprechen inzwischen erfüllen?
Ein öffentliches Versprechen wurde gebrochen
Am 4. November 2016, dem fünften Jahrestag der Ereignisse von Stregda und Zwickau, gibt der Chefkommentator der "DuMont-Redaktionsgemeinschaft", Christian Bommarius, in der "Berliner Zeitung" die Antwort: "Weder sind bis heute die Morde aufgeklärt, noch sind die Hintermänner und die Helfershelfer ermittelt. Das ist erbärmlich. Aber dass bis heute das Interesse der Behörden, das zu ändern, sehr verhalten ist – das ist bedrohlich."
"Fünf Jahre NSU – Aufklärung unerwünscht?", so lautete das Motto einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung, die einen Tag zuvor in Erfurt stattfand. Es diskutierten dort die Vorsitzende des Thüringer NSU-Untersuchungsausschusses, ein Opferanwalt des Münchner NSU-Prozesses und ein Politikwissenschaftler. Doch gleich zu Beginn der Diskussion appellierte der Moderator der Runde bezüglich der Frage "Aufklärung unerwünscht?" unwidersprochen in Richtung der Veranstalter: "Das Fragezeichen ist überflüssig, da sollten Sie lieber ein Ausrufezeichen draus machen."
Nach fünf Jahren NSU-Ermittlungen: Nur weniges ist sicher
Die Ermittlungen zur rechtsextremen Vereinigung NSU haben bis heute nur wenige belastbare Ergebnisse zutage gefördert. Grundsätzlich kann man von folgenden Tatsachen ausgehen:
- Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt wurden am 4. November 2011 gegen Mittag in einem in Brand gesetzten Wohnmobil in Eisenach-Stregda tot aufgefunden.
- Eine Wohnung in Zwickau, in der sich das NSU-Trio eine Zeit lang aufgehalten hatte, wurde am 4. November 2011 nachmittags durch einen Brandanschlag zerstört. Beate Zschäpe stellte sich vier Tage später, am 8. November 2011, in Jena der Polizei. In den Jahren von 2000 bis 2006 wurden neun Menschen türkischer bzw. griechischer Abstammung in sechs deutschen Städten zwischen Rostock und München brutal ermordet.
- Am 19. Januar 2001 wurde bei einem Sprengstoffanschlag auf ein Lebensmittelgeschäft in der Kölner Probsteigasse die junge Tochter des deutsch-iranischen Ladeninhabers schwer verletzt.
- Am 9. Juni 2004 wurde im Kölner Stadtteil Mülheim in der Keupstraße, einem bekannten Zentrum türkisch-kurdischen Geschäftslebens, eine Nagelbombe ferngezündet. Bei diesem Attentat wurden 22 Menschen verletzt, vier davon schwer.
- Am 25. April 2007 wurde die Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn durch Kopfschüsse getötet und ihr Kollege lebensgefährlich verletzt.
- Fünfzehn Raubüberfälle wurden zwischen dem 18. Dezember 1998 und dem 4. November 2011 verübt, davon acht in Chemnitz, drei in Zwickau, zwei in Stralsund, sowie je einer in Arnstadt und Eisenach.
Aufklärungsrate: null
Von den zehn Morden, den zwei Attentaten und den mindestens 15 Raubüberfällen konnte keine einzige Tat wirklich aufgeklärt werden. Alle diese Verbrechen wurden zwar nach dem 4. November 2011 von den Ermittlungsbehörden schrittweise dem NSU-Trio zugeordnet; aber bei dieser lediglich auf Mutmaßungen beruhenden Zuweisung blieb es bis heute.
5 Kommentare verfügbar
beneditkt blomeier
am 18.06.2017