Wer konnte ahnen, dass die Spurensuche bei Edward Snowden in die dunkelsten Ecken von Hongkong führen würde? Zu einer vergewaltigten Frau von den Philippinen, die für Snowden kochte? Zu einem ehemaligen Soldaten aus Sri Lanka, der in seiner Heimat gefoltert wurde und als Snowdens Bodyguard auftrat?
Der Ausgangspunkt war Robert Tibbo, ein Menschenrechtsanwalt. An ihn hatten sich schon Dutzende von Journalisten herangepirscht, um etwas über seinen berühmtesten Klienten zu erfahren: über Edward Snowden. Ich musste ihn wegen einer anderen Geschichte sprechen, ließ ihn bezüglich Snowden in Ruhe, schrieb meinen Text und kurz darauf fragte er, ob ich zu ihm nach Hongkong kommen wolle.
Was ich bei ihm im Sommer 2016 fand, war die Antwort auf eine Frage, die drei Jahre lang unbeantwortet geblieben war. Wie konnte es sein, dass Snowden kein Versteck geplant hatte, für die Zeit nach dem 9. Juni 2013, als er das größte Geheimnis des US-Sicherheitsapparates lüftete? Die Überwachung von Bürgerinnen und Bürgern in aller Welt, ohne Rechtsgrundlage. So minutiös, wie Snowden seine Enthüllung vorbereitet hatte, so hilflos war er, als es darum ging, wo er danach untertauchen konnte. War ihm nicht klar, dass er von Stund an zum meist gesuchten Mann der Welt werden würde?
Snowden steht still im Raum, sucht Halt
Der Moment, in dem sich Snowden dessen bewusst wird, ist auf Film festgehalten. In der Oscar-gekrönten Dokumentation "Citizenfour" von Laura Poitras sehen die Zuschauer einen Mann, der am Morgen des 10. Juni 2013 in seinem Hotelzimmer in Hongkong nachdenkt. Snowden steht still in der Mitte des Raumes. Es scheint, als suche er nach einem Halt. Doch er findet keinen. Die Journalisten, mit denen er die Tage zuvor verbrachte, sind weg. Ihre Geschichten sind geschrieben. Die Filmemacherin Poitras ist geblieben. Doch sie filmt nur, sie hilft nicht. Snowden ist auf sich allein gestellt. Er öffnet die Tür. Dann verschwindet er.
Zwei Wochen lang sucht der US-Geheimdienst, jeder Polizist in Hongkong nach ihm und keiner findet ihn. Erst am 23. Juni 2013 sieht ihn die Welt wieder - am Flughafen von Hongkong. Er verschwindet durchs Gate, in der Hand ein Ticket nach Moskau.
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Florian S. Müller
am 17.01.2017https://media.ccc.de/v/33c3-8416-the_untold_story_of_edward_snowden_s_escape_from_hong_kong#video&t=830
Am Anfang gab es technische Probleme, ab Minute 13:40 wirds interessant.