Wer einmal dort war, muss eher den Eindruck gewinnen, dass die räumliche Offenheit sehr gut angenommen wird. Im Vorbeigehen entwickeln sich kurze Gespräche, hin und wieder wechselt der eine oder andere den Tisch. Zusätzlich zur Kantinenerweiterung ist aber auch noch ein geräumiges Restaurant im Hof zwischen Oper, Verwaltungsgebäude und Kulissengebäude vorgesehen: nochmal 600 Quadratmeter. Das Gutachten, so Müller-Enßlin, verweist auf den Umsatz, der ohne Restaurant verloren ginge. Wie lange wird es bei 17 Millionen Euro Baukosten wohl dauern, bis die Investition wieder eingespielt ist?
Derzeit nutzt der Chor auch den Orchesterprobensaal, weil der eigene für die volle Besetzung zu klein ist. Ein weiterer Saal könnte das Problem lösen, das Gutachten sieht jedoch gleich zwei vor: einen für das Orchester und einen für den Chor. Zudem sollen verschiedene Außenstellen, insgesamt 950 Quadratmeter, in die Räume des Staatstheaters integriert werden. In manchen Fällen mag dies sinnvoll sein. Allerdings fragt sich, ob es wirklich an repräsentativen Foyer- und Kassenbereichen mangelt, oder ob die Theaterkasse nicht in der Theaterpassage in Bahnhofsnähe sogar besser untergebracht ist?
Solche Fragen stellt sich Guntrun Müller-Enßlin. Und nur sie allein. Als sie kritisch anmerkte, ob eine Veranstaltungsfläche für bis zu 300 Personen für Einführungen, Nachbesprechungen und Sponsorengespräche wirklich gebraucht werde, kanzelte sie Oberbürgermeister Fritz Kuhn ab: dies sei eine unpassende Frage.
Als sich der Umwelt- und Technikausschuss (UTA) des Gemeinderats jüngst mit dem Thema befasste, legten die Stadträte einer nach dem anderen ein "Bekenntnis" zur Oper ab. Mit Bekenntnissen kennt sich die Pfarrerin aus. <link http: soeslinkeplus.de opernbuehnenhypnose-im-uta _blank external-link>Im Amtsblatt machte sie sich Luft. "Von gestandenen Stadträten abgelegte 'Bekenntnisse' zur Oper verleihen einem weltlichen Verhandlungsgegenstand eine religiöse Dimension und rückten ihn in die Nähe des Schicksalshaften, Unverfügbaren", schreibt sie: "Höchste Zeit, zur Realität zurückzukehren."
100 kleine Kultureinrichtungen müssen leider verzichten
350 Millionen Euro Gesamtkosten also, falls es bei den aktuellen Schätzwerten bleibt. Das ist ungefähr fünfmal so viel wie die gesamte jährliche Kulturförderung der Stadt. Davon gehen ohnehin mehr als 60 Prozent an die Württembergischen Staatstheater, die vom Land nochmal ebenso viel erhalten. Jede Eintrittskarte des Theaters, der Oper und des Balletts wird im Schnitt mit 161,83 Euro von Stadt und Land subventioniert, erfuhr die Fraktion SÖS-Linke-Plus auf Anfrage. Müller-Enßlin fragt sich: Wenn die Fläche des Dreispartenhauses um zehn Prozent wächst, wenn aufgrund der schnelleren Umbauten mit der Kreuzbühne mehr Aufführungen möglich sind: Wie wird sich dies im Kulturhaushalt niederschlagen?
Als es im Doppelhaushalt vor einem Jahr um die <link http: www.kontextwochenzeitung.de politik schoene-bescherung-3337.html _blank external-link>strukturelle Unterfinanzierung, also einen Ausgleich für gestiegene Kosten ging, mussten ungefähr 100 kleinere Einrichtungen auf zumeist zwei- bis dreistellige Beträge verzichten. Weil kein Geld da sei. Insgesamt ging es um rund 350 000 Euro, also ein Promille der Kosten der Opernsanierung. Bei einem Betrag von 14,25 Euro für den Schwäbischen Heimatbund schaut der Gemeinderat ganz genau hin. Bei mehreren hundert Millionen für die Oper offenbar nicht.
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