Auf die "Axtlänge Abstand" folgte dann unmittelbar die "Machetenlänge", nachdem ein syrischer Asylbewerber in Reutlingen mit einer Machete um sich schlug und dabei eine Frau umbrachte. Die Liste ließe sich beliebig erweitern, die meisten "Irgendwas-Längen" jedenfalls kamen und kommen aus der rechten Ecke, um einmal mehr in soziale Medien einzuspeisen, wie nah am Abgrund sich das Abendland befindet.
Der "Axtlänge"-Spruch samt Axt-Bild im Anzeigenteil der STZN ist kurz nach Silvester 2016/2017, aber auch zu allen anderen Zeitpunkten, unsagbar - sorry - bescheuert. Aber selbst dieses Wort streift den Umstand nur peripher. Presserechtlich schramme das Inserat knapp "an der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten vorbei", sagt ein Medienanwalt. Einen ganz ähnlichen Fall gab es Anfang des vergangenen Jahres: der Jugendableger der Thüringer AfD hatte im Januar 2016 eine Hand mit ausgestreckter Waffe auf Facebook gepostet. "Wenn die Politik nicht handelt, halten die Menschen vielleicht in Zukunft wirklich eine 'Armlänge Abstand', Frau Reker." Die Staatsanwaltschaft prüfte, nachdem mehrere Anzeigen eingegangen waren. Anders als Politik und Polizei sah sie aber keinen Aufruf zu Gewalttaten, ein Ermittlungsverfahren wurde nicht eingeleitet.
Das Ganze könne dennoch zumindest "als Billigung von Gewalt gegen Menschen mit Migrationshintergrund gelesen werden", schreibt Dejan Perc, Stadtrat und Vorsitzender der SPD Stuttgart, in einer Pressemitteilung zum Vorfall. "Solch eine menschenverachtende Gesinnung darf in unserer Gesellschaft nicht medial verbreitet werden. Gerade in einer Zeitung wie der Stuttgarter Zeitung, die nach eigener Beschreibung den Werten Toleranz und Offenheit verpflichtet ist, darf sich so etwas nicht wiederfinden." Selbst Bernd Klingler, Ex-FDPler und mittlerweile Kreissprecher der AfD Stuttgart, rollt sich ein überraschtes Kichern die Kehle hoch. Diesmal nicht aus zynischer Gehässigkeit, sondern vor lauter Unglauben über so viel Dreistigkeit auf der einen und Blödheit auf der anderen Seite. "Da hatte wohl einer die Idee, einen tollen Gag zu machen. Aber das ist ein Kalauer, den man einfach nicht macht", sagt Klingler. "Also ich hätte das nicht veröffentlicht." Der Anzeigenabteilung der "Stuttgarter Zeitung" ist das online geschaltete Inserat "so durchgerutscht", hört man. Offiziell mag das Stuttgarter Pressehaus aber "kein Statement abgeben".
Ob die Anzeige nun wirklich ein echtes Wohnungsgesuch ist oder ob sich da irgendwer einen makabren Scherz erlaubt hat, darüber sind sich weder Klingler noch Dejan Perc so richtig sicher. Eines aber weiß Klingler ganz sicher: Wer in der Landeshauptstadt eine Wohnung mit 20 bis 35 Quadratmetern für 300 bis 400 Euro warm suche, "kann unmöglich von hier kommen". Eher von der Alb oder aus dem Schwarzwald. "Da gibt es solche Mieten noch."
5 Kommentare verfügbar
Andrea
am 13.01.2017Die "Machete" aus Reutlingen - tagelang in der Presse unterwegs und, wie der Artikel eindrücklich zeigt, bis heute in den Köpfen der Menschen. "Machte" klingt einfach viel dramatischer und damit…