Seit 2009 verleiht ein Komitee engagierter BürgerInnen und GewerkschafterInnen den Konstanzer Maultaschenpreis. Anlass war damals die fristlose Kündigung einer Altenpflegerin durch die Spitalstiftung Konstanz. Die langjährige Angestellte hatte einige Maultaschen mitgenommen, die ohnehin in den Abfall gewandert wären. Der Fall sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Seitdem wird diese Ehrung in unregelmäßigen Abständen für "besonders beschäftigtenfeindliches Unternehmerverhalten" vergeben. Preisträger dieses Jahr: Der Dosen- und Tubenhersteller Nussbaum in Rielasingen, die Konstanzer Heimatzeitung "Südkurier" und die renommierten Kliniken Schmieder in Allensbach.
"So etwas haben wir bisher noch nicht erlebt", sagte Raoul Ulbrich, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Singen auf einer Pressekonferenz letzte Woche, bei der die Maultaschen-Preisträger für 2015 vorgestellt wurden. "Die Firma Nussbaum", so Thorsten Schlicht, der zuständige Betriebsbetreuer bei der IG Metall Singen, "hat sich den ersten Preis wahrlich verdient". Im Herbst 2014 habe ihm der Geschäftsführer von Nussbaum mitgeteilt, dass das Unternehmen die Tarifbindung bis Ende 2015 aufgeben wolle. Ziel dieses Ansinnens: Radikale Absenkung der Lohnstufen weit unter das Minimum dessen, was im Tarifsystem der Metallindustrie vorgesehen ist. Es folgten lange Verhandlungen, jedoch ohne Erfolg. Im Gegenteil, Nussbaum verschärfte die Gangart und kündigte Produktionsverlagerungen an, wenn nicht 85 Prozent der Beschäftigten einen Einzeltarif akzeptieren würden.
Doch damit nicht genug, wusste Schlicht zu berichten: "Die Beschäftigten sind massiv unter Druck geraten, sie wurden mitunter mehrmals am Tag angerufen und aufgefordert, den Einzelvertrag und eine Anhebung der Arbeitszeit von 35 auf 40 Wochenstunden zu akzeptieren". Die Firmenleitung setzte sich durch und schaffte es damit, einen tiefen Keil in die Belegschaft zu treiben.
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Rolf Steiner
am 17.12.2015