Elf Jahre Kontext, avanti dilettanti! Als wackeliges Projekt losmarschiert, ist aus Kontext eine stabile und feste Größe geworden, schreibt Chefredakteurin Susanne Stiefel in ihrem Rückblick auf die Kontext-Historie. Dass dieses alternative Medien-Projekt in Deutschlands Südwesten so lange durchhält, das Netz und die gedruckte taz am Wochenende mit nunmehr 584 Ausgaben bereichert – "das hätten wir uns nicht träumen lassen". Gegründet zu einer Zeit, als der Tiefbahnhof für den grünen Oppositionsführer Winfried Kretschmann noch Ausdruck der "Arroganz der Macht" gewesen ist. Dann wurde Kretschmann Ministerpräsident, zehn Tage später erschien Kontext Nummer 1, kurz darauf die erste Folge unseres Polit-Comics "Der Ökodiktator".
Heute pinselt Kretschmann der Zeitungs-Verlegerschaft, die ihre Redaktionen klein und kleiner spart, den Bauch – und meint schon längst, der Stuttgart-21-Käs’ sei gegessen. Die gravierenden Schwachstellen des Bahnhofs-Projektes zu beleuchten, das für viele Milliarden Euro einen langfristigen Kapazitätsengpass im Stuttgarter Schienennetz zementiert, war von Anfang an ein Schwerpunkt bei Kontext. Damals hat es gebrodelt im Kessel, die Stadt hat pulsiert, überall war Aufbruchsstimmung zu spüren. Doch ein gutes Jahrzehnt später sitzt mit Frank Nopper (CDU) der Mensch gewordene Backlash im Rathaus.
Der holt sich nun einen Strategen an seine Seite: Martin Körner, bislang SPD-Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat, soll den Konservativen künftig bei der inhaltlichen Arbeit entlasten. "Die beiden Oberbürgermeister", witzeln sie im Rathaus schon über das Tandem in der Chefetage, "einer für Feste und Fassanstich, der andere fürs Fachwissen".
Elf Jahre sind eine verdammt lange Zeit, wenn man mal so drüber nachdenkt. Und was haben wir nicht alles erreicht? Hach ja ... schwärm ... . Gar nichts, meint der Satiriker Cornelius W. M. Oettle und attestiert der Kontext-Redaktion zum Jubiläum ein "grandioses Vollversagen" auf ganzer Linie. Zugegeben: Wir haben es immer noch nicht in die Hauptsendung der Tagesschau geschafft, auch der Nobelpreis lässt auf sich warten und als CDU-Generalsekretär Manuel Hagel einmal über seinen Parteifreund Thomas Strobl sagte, dass dieser nur so "vor Ideen für die Zukunft sprudelt", hat unser Karikaturist Oliver Stenzel die goldene Gelegenheit versäumt, den Innenminister als Springbrunnen zu zeichnen.
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