"Strobls Liebling" nennt SPD-Fraktionsvize Sascha Binder den suspendierten ranghöchsten Polizisten im Land. Er will wissen, wie es dazu kam, "dass er so schnell aufsteigen konnte". Julia Goll, die frühere Staatsanwältin und FDP-Abgeordnete, wird noch deutlicher. Als Vize im Landeskriminalamt (LKA) war Renner binnen nur 13 Monaten Inspekteur geworden, obwohl sämtliche Polizeipräsidenten "vor ihm an der Reihe gewesen" wären. Es sei gut möglich, "dass man schon sehr früh vorhatte, ihn genau da hinzubringen, weshalb er ja möglicherweise schon Vize im LKA wurde". Jedenfalls kommt für sie diese "superschnelle Beförderung" überraschend, und damit spreche viel dafür, dass sie "nicht in Ordnung war".
Strobls Liebling, der Beste der Besten
13 Fragen haben Sozialdemokrat:innen und Liberale im Einsetzungsantrag des Untersuchungsausschusses zum Komplex "Beurteilungs-, Beförderungs- und Besetzungsverfahren" gestellt. Es geht um den in Artikel 33 Absatz 2 Grundgesetz verankerten Grundsatz der Bestenauslese, um den Einfluss der Hausspitze im Innenministerium, um die sogenannten Beurteilungskonferenzen, um die Benotung von Kandidat:innen, um Andreas Renner und seine Zuständigkeiten für die Karrieren anderer. In Frage elf etwa darum, wie der Innenminister, sein Ministerium, andere Mitglieder der Landesregierung oder Personen wie der heutige CDU-Staatssekretär im Justizministerium Siegfried Lorek eingebunden waren.
Der Waiblinger CDU-Landtagabgeordnete ist selbst Polizeioberrat außer Dienst und immer wieder Gegenstand von Spekulationen. Er war befreundet mit Renner und vor seinem Aufstieg ins Justizressort oft gesehener Gast in der für ihr Eigenleben berühmt-berüchtigten Abteilung 3 im Innenministerium, dem Landespolizeipräsidium. Und, eher ungewöhnlich unter Schwarzen, er hat mit Matthias Pröfrock einen Landtagsabgeordneten bei der Kandidaten-Aufstellung zur Landtagswahl erfolgreich herausgefordert und damit aus dem Parlament gekickt. Der 45-Jährige, dem von der Uni Tübingen wegen Plagiatsvorwürfen der Doktortitel entzogen worden war, fiel indes auch nicht besonders hart, sondern ist inzwischen ausweislich des Organigramms im Hause Strobl Leitender Ministerialrat und zuständig für die Digitalisierungsstrategie.
In der Vorbereitung des Untersuchungsausschusses hatten dessen Mitglieder vier Wochen Zeit, um die unvollständigen und teilweise geschwärzten Akten aus dem Innenministerium rund um den IdP zu durchforsten. Am letzten Plenartag vor den Pfingstferien ließ sich erkennen, dass und wie die Opposition schon fündig geworden ist. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke, der ohnehin Material für gleich drei Untersuchungsausschüsse wittert, lenkt den Blick auf die Beurteilungskonferenz des Jahres 2021, "wo offensichtlich der Inspekteur seine Seilschaften in Stellung gebracht hat". Für seinen SPD-Kollegen Andreas Stoch ist "nach dem, was wir aus den Akten wissen" die Frage berechtigt, ob alles nach Recht und Gesetz zuging. "Falls Parteinähe oder eine zu erwartende politische Willfährigkeit eine Rolle gespielt haben sollten", schreibt die FAZ, "dann wären Strobls Tage im Innenministerium vermutlich gezählt."
Die Grünen wollen Fokus auf Renner legen
Dunkle Wolken hängen also über der grün-schwarzen Koalition. Winfried Kretschmanns Partei ist zwar deutlich besser dran als die CDU, aber richtig komfortabel ist ihre Lage nicht. Turnusgemäß stellt sie mit der Freiburger Rechtsanwältin Daniela Evers die Ausschussvorsitzende. In der vergangenen Legislaturperiode, im Untersuchungsausschuss zur Zulagen-Affäre an der Ludwigsburger Verwaltungshochschule, hat dessen Vorsitzende Sabine Kurtz (CDU) festgestellt, dass Solidarität damals mit Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) in deren Befragungen keineswegs oberste Koalitionär:innen-Pflicht sein muss. Es wird spannend sein zu beobachten, ob die Schwarzen den Grünen genauso viel Spielraum zugestehen, wenn der stellvertretende Ministerpräsident befragt werden wird.
1 Kommentar verfügbar
chr/christiane
am 08.06.2022Sorry-Kontext- so wurde das nicht offiziell --jedenfalls nicht in der Antwort auf die kleine Anfrage der FDP kommuniziert.Richtig heißt es dort: Es soll 27 Eingaben im Zusammenhang mit sexuellen Belästigungen innerhaln 5…