Doch Forschende des KIT arbeiten auch mit Hochschulen zusammen, die direkt der Zentralen Militärkommission Chinas unterstehen. Darunter findet sich die National University of Defense Technology (NUDT), die wichtigste Universität des chinesischen Militärs. Neun gemeinsame Forschungsarbeiten wurden in den letzten Jahren veröffentlichtet. Die NUDT gilt in China als führend in den Bereichen der Informatik und Kommunikationstechnik sowie der Luft- und Raumfahrt.
In den besonders sensiblen Feldern IT, Luft- und Raumfahrttechnik, Agrartechnologie sowie Künstliche Intelligenz führte das KIT nach eigenen Angaben in den vergangenen zehn Jahren darüber hinaus vier größere Forschungsprojekte mit chinesischen Universitäten durch. Eines davon beschäftigte sich mit der Entwicklung einer Technologie zur Überwachung und Aggregation von Wissen. Die Technik kann auch bei der Medienbeobachtung und -überwachung eingesetzt werden. Partner ist dabei die Tsinghua University, die ASPI mit einem sehr hohen Risiko einer militärischen Nähe einordnet. Die Rüstungsforschung am KIT - unter anderem zu künstlicher Intelligenz, Raketen und Navigation - laufe teils unter Geheimhaltung.
Aus deutschen Laboren: Technologie zur Überwachung
Das KIT sieht bei all diesen Kooperationen mit China kein Problem. Es verweist darauf, dass die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern wie China auch vor dem Hintergrund von "Dual Use" von der eigenen Rechtsabteilung geprüft werde. "Potenziell kritische oder uneindeutig unkritische Forschungsthemen werden zusätzlich von der Ethikkommission des KIT-Senats behandelt und im Falle von Bedenken abgelehnt", heißt es in der Stellungnahme weiter. Wissenschaftler:innen würden zudem in universitätsweiten Projekten für die Zusammenarbeit mit chinesischen Partnern sensibilisiert.
Das sieht die US-amerikanische China-Expertin Didi Kirsten Tatlow anders: "Es ist 100 Prozent der Fall, dass man in Deutschland viel zu naiv vorgeht, was die wissenschaftliche Kooperation mit China angeht", wird sie im Deutschlandfunk zitiert.
Über die China-Kooperation hinaus gibt es grundsätzliche Kritik an der Militärforschung des KIT. Christoph Marischka von der Informationsstelle Militarisierung (IMI) in Tübingen fordert wie andere zivilgesellschaftliche Initiativen eine Zivilklausel, die militärische Forschung grundsätzlich verbietet. 74 Universitäten bundesweit haben eine solche Klausel bereits umgesetzt. Die Karlsruher Universität lehnt das ab.
"Die Zusammenarbeit mit Behörden und Industrie ist beim KIT so etwas wie das Geschäftsmodell. Dadurch wollte man groß werden und in der internationalen Liga mitspielen", sagt Marischka. Die Zusammenarbeit mit der Rüstungsindustrie oder der Bundeswehr gehöre dazu. Marischka verweist dabei besonders auf das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB), das eng mit dem KIT kooperiere und von einem Professor der Universität geleitet werde. "Die Rüstungsforschung des IOSB und das KIT sind bis zur Unkenntlichkeit verwoben", sagt Marischka. Auch mit dem Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) kooperiert das KIT in der Grundlagenforschung. Das ICT forscht unter anderem zu Verteidigung, Luft- und Raumfahrt oder Chemie im zivilen und militärischen Bereich.
Dual Use als Strategie für In- und Ausland
"Das Fraunhofer IOSB ist engstens mit der Rüstungsindustrie, dem Bundesverteidigungsministerium und der NATO vernetzt", sagt Marischka. Das Institut erhalte einen beträchtlichen Teil seiner Grundfinanzierung und seiner Drittmittel aus dem Verteidigungshaushalt und führe Forschungsprojekte mit klar militärischer Ausrichtung durch. So werde beispielsweise intensiv an einer Schwarmtechnologie für Drohnen gearbeitet. Durch die Nutzung künstlicher Intelligenz können die unbemannten Luftfahrzeuge ohne menschliches Zutun interagieren, neue Ziele identifizieren und sich gegenseitig ersetzen.
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