Wenn Deutschland als Land der Dichter und Denker gilt, dann beansprucht Baden-Württemberg zusätzlich, Heimat der Tüftler zu sein. Die Erfindungen von Gottlieb Daimler oder Robert Bosch prägen hier bis heute Technik und Leben. Nun sollen Ideen aus dem Ländle auch Impulse im digitalen Zeitalter liefern – diesen Anspruch hat jedenfalls Ministerpräsident Winfried Kretschmann formuliert.
Im Dezember 2016 fiel im Stuttgarter Neuen Schloss der Startschuss für das "Internet Tal", das sogenannte Cyber Valley (CV), das sich neckaraufwärts bis Tübingen erstreckt: Ein gemeinsames Projekt der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), der Universitäten Stuttgart und Tübingen, des Landes sowie heimischer Konzerne, darunter Bosch, Daimler, Porsche, BMW und ZF Friedrichshafen. Die Partner aus Forschung, Politik und Industrie wollen es zu einem Hotspot der Künstlichen Intelligenz (KI) und des maschinellen Lernens machen. Für "wissenschaftliche Exzellenz und die intelligentesten Köpfe von morgen", wie es zum Start hieß. Konkret soll die Cyber-Valley-Initiative so etwas wie ein Zwitter aus Wissenschaft und Kommerz sein: sowohl internationales Zentrum für Grundlagenforschung im KI- und Robotikbereich als auch Gründerplattform für deren marktfähige Anwendungen. "Unser Ziel ist, nicht nur die besten Maschinen zu bauen, sondern auch die schlausten", so Kretschmann beim "Kick-off". Damit meint der MP neben autonom fahrenden Autos auch lernende Roboter, die in nicht allzu ferner Zukunft beispielsweise in Hospitälern und Hospizen fehlende Pflegekräfte ersetzen sollen.
Um bei diesen Zukunftstechnologien mitzumischen, an denen auch milliardenschwere US-Konzerne und chinesische Staatsholdings intensiv arbeiten, machen die grün-schwarze Landesregierung und heimische Firmen reichlich Geld zur Anschubfinanzierung locker. Das Land blättert 50 Millionen Euro in den ersten Jahren hin, eine vergleichbare Summe will die Industrie beisteuern. Damit lassen sich rund ein Dutzend neue Forschungsgruppen und mehrere Professuren einrichten. Die Universitäten richten ihrerseits "Brückenprofessuren" zum Max-Planck-Institut (MPI) für Intelligente Systeme ein, sprich, sie stellen deren Forscherinnen und Forschern eigene Lehrstühle zur Verfügung. Zudem spendierte das Land der Max-Planck-Gesellschaft einen Institutsneubau in Tübingen, damit das Cyber Valley auch ein physisches Zuhause hat.
Trotz Geldregens: Facebook springt ab
Doch selbst der wärmste Subventionsregen konnte nicht verhindern, dass der einzige ausländische und zudem nicht im Automobilbau verwurzelte Mitspieler die Reißleine zog, bevor es überhaupt richtig losging: Der US-Konzern Facebook kassierte seine Zusage, sich in Tübingen mit einer eigenen Forschungsabteilung niederzulassen. Was den zuletzt wegen seines laschen Umgangs mit Datenschutz kritisierten Betreiber des führenden Sozialen Netzwerks dazu bewog, darüber können angeblich selbst führende Köpfe der Initiative nur spekulieren. "Den Grund kenne ich auch nicht, das war eine unternehmerische Entscheidung von Facebook", bekannte CV-Forschungskoordinator Matthias Tröndle jüngst in einem Interview.
2 Kommentare verfügbar
Andromeda Müller
am 06.09.2018Registriert Amazon wie häufig ein/e Mitarbeiter/-in während der Schicht auf die Toilette geht ?
Werden Amazon-Mitarbeiter zur…