Nähme man bereits heute das 30-Hektar-Ziel ernst, dürfte seit Mitte Juli in der Republik nicht mehr gebaut werden. "Da haben wir die Gesamtfläche der Überbauung bereits erreicht", sagt Henry Wilke, Referent für Siedlungsentwicklung beim Naturschutzbund Deutschland (NABU). Besonders ausufernd sei der Flächenfraß auf dem Land. Während Städte sich zunehmend bemühten, innerorts Baulücken oder Brachen zu nutzen, gehe man auf dem Dorf leider oft recht großzügig mit Grund und Boden um. "Da kommt ein potentieller Investor und der Gemeinderat macht alles mit." An die Folgekosten würde meist nicht gedacht: ein neues Gewerbegebiet bedeute nämlich auch eine neue Infrastruktur und neue Wohnungen. Gerade der Wohnungsbau sei jedoch der große Flächenfresser. Zwar sehe auch der NABU ein, dass Wohnraum benötigt werde, allerdings müssten es ja nicht immer Einfamilienhaus-Siedlungen sein. Doch im Schwäbischen ist gerade diese Wohnform ausgesprochen beliebt. Hier möchte man gerne einen Garten ums eigene Haus. Das kostet Platz.
Klimawandel scheint es in Königsbronn nicht zu geben
So hat auch Königsbronn in diesem Jahr ein neues Wohngebiet ausgewiesen. Im "Roßrucken-Süd" sollen in großen Teilen nur Einzel- oder Doppelhäuser gebaut werden. Der Regionalverband Ostwürttemberg findet das gar nicht gut. In seiner Stellungnahme moniert er, dass "eine ausführliche Darlegung des Bedarfs nicht vorhanden" sei. Auch fehle eine "Auseinandersetzung mit bestehenden Wohnbaupotentialen und Baulücken". Besonders übel stößt dem Verband auf, dass hier viel zu wenig Menschen wohnen sollen, umgerechnet nämlich 26 Einwohner pro Hektar. Für Königsbronn anzustreben seien aber 50 Einwohner pro Hektar, so der Regionalverband.
Das ist nur eines von vielen Beispielen. "Den Klimawandel scheint es hier nicht zu geben", sagt Werner Gottstein. Er ist in Ostwürttemberg Regionalvorsitzender vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). In der Region würden munter Gewerbegebiete und Wohnsiedlungen ausgeschrieben, sagt Gottstein: "Das ist der Wahnsinn". Der BUND habe schon vor zehn Jahren das Gewerbegebiet für Zeiss im Kochertal abgelehnt. Noch ein Gewerbegebiet bedeute noch mehr Verkehr und noch mehr Wohnbebauung. "Je mehr Boden versiegelt wird, desto wärmer wird die Umgebung, weil sich der Boden stärker aufheizt und seine Wärme nachts abgibt. Dann wird in dem Tal auch die Kaltluftschneise zugebaut – das Kleinklima wird sich dort ändern", so Gottstein.
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Matthias Nowak
am 31.08.2018