Seit fast 20 Jahren sitzt Wolfram Pyta in diesem Büro. Er hat es von seinem Vorgänger Jäckel übernommen und nie verändert. Äußerlichkeiten, beteuert der Professor, seien ihm nicht wichtig. Seinen Tee trinkt er aus einer Mercedes-Benz-Museum-Tasse. Auch Pyta ist NS-Experte. Im Regal stehen, prominent platziert, seine herausragenden Bücher: Hindenburg. Hitler. Porsche. Daneben ist er noch Direktor der Forschungsstelle Ludwigsburg zur NS-Verbrechensgeschichte, Koordinator für das Landesprojekt Geschichte der Landesministerien in Baden und Württemberg in der NS-Zeit, Freundeskreis-Vorsitzender des Stuttgarter Hauses der Geschichte, das als Ehrenvorsitzenden Erwin Teufel (CDU) und das "Hotel Silber" als Problem hat. Und er ist Mitglied beim Fußballverein Fortuna Düsseldorf, was ihn auch schon dazu verführt hat, Bücher über die Bedeutung der Kicker zu schreiben.
Die Hitler-Tagebücher wären Pyta nicht passiert
Zuhörer überrascht er schon mal mit der Aussage, "nirgendwo sonst" werde die Nazizeit so gut aufgearbeitet wie in Baden-Württemberg, womit er zunächst an sich und die internationalen Maßstäbe denkt, die seinem Anspruch zugrunde liegen. Klar, dass ihm die Sache mit den Tagebüchern nicht passiert wäre. "Hitler war ein Redner, kein Schreiber", erläutert der 57-Jährige, das Studium der Quellen erfordere einen kritischen Geist und kühlen Kopf.
Genau den Zweifel nährt er nun selbst – mit seinem jüngsten Buch "Porsche. Vom Konstruktionsbüro zur Weltmarke". Darin schildert Pyta das "Arrangement mit den Nazis" und die Kriegsproduktion von Ferdinand Porsche (1875 – 1951), dem Gründer der Sportwagenfirma, den er als "politischen Konjunkturritter" bilanziert. Das ist harmlos formuliert, wenn man die Arbeit von Ulrich Viehöver als Vergleich heranzieht, der die Legende vom unpolitischen Techniker bereits 2009 entlarvt hat, ohne bei Pyta Erwähnung zu finden. In dem Buch "Stuttgarter NS-Täter", herausgegeben von Hermann G. Abmayr, nennt er Ferdinand Porsche "Hitlers Lieblingskonstrukteur" und "Kriegsgewinnler". Einer, der bis heute Straßen, Plätzen und Schulen unbehelligt seinen Namen gibt. Autor Viehöver hatte damals als erster nachgewiesen, dass die Nähe von Porsche zu den Nazis viel enger war, als bis dahin zugegeben. Das hat die schwäbischen Autobauer schwer in Erklärungsnöte gebracht, mit starken Niederschlägen im "Spiegel" bis zur israelischen Zeitung "Haaretz". Noch im selben Jahr, versprach Porsche, werde ein externer Forschungsauftrag vergeben. Aber dann dauerte es doch fünf Jahre, bis in Pyta ein passender Professor gefunden war, der die Unternehmensgeschichte für die Jahre 1931 bis 1951 quasi neu zu schreiben in der Lage war.
Porsche verspricht völlige Freiheit für die Wissenschaft
Dem beauftragten Ordinarius, der das Wort Auftragsforschung nicht mag, mangelte es an nichts. Zwei für drei Jahre bezahlte Mitarbeiter (Jutta Braun und Nils Havemann), freier Zugang zu den Firmenarchiven, ein Budget über rund 300 000 Euro und die Versicherung des Auftraggebers, keinerlei Einfluss auf den "Prozess der Erkenntnisgewinnung" zu nehmen. Daran habe man sich gehalten, bekräftigt auch Achim Stejskal ("völlige Freiheit"), der Leiter des Porsche-Museums, der für die Kooperation zuständig war. Will sagen: Wenn etwas fehlt oder falsch ist, kann es nicht an Porsche gelegen haben. Was fehlt, schreibt Viehöver im nebenstehenden Kontext-Artikel.
Letzte Kommentare:
Ist das eigentlich ein hochdotierter Posten, Präsident beim VfB? Hat dieser dubiose Ex-S 21-Sprecher denn nicht genügend Kohle anderweitig gemacht? Muß er sich mit 70 unbedingt noch präsidial aufplustern? Aber offenbar findet sich niemand aus einer...
Wir waren froh und erleichtert über dieses Urteil - Herzlichen Glückwunsch! Überrascht war ich über den Dank an den "Spiegel" - war dort die Berichterstattung doch stets hinter der Bezahlschranke und auf der Startseite nicht präsent. Aber vielleicht ist...
"Das Landgericht Mannheim sah sich außer Stande, zu beurteilen, ob die Chat-Protokolle gefälscht sein könnten." Ist das nicht auch dieses Landgericht, das so überaus emsig bei der Verfolgung des angeblichen Vergewaltigers Kachelmann vorging?
@Ge La, meinen Sie das wirklich? „Die Gewaltenteilung funktioniert zum Glück ,“ Wenn ja, wo haben Sie Ihre Schulbildung „abgesessen“?!? Bereits im Vorfeld der Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde in ebensolcher Weise weiter gegen...
Weiter so, geht es schon wieder los in Deutschland, dass solche Leute vor Gericht recht bekommen und dann mit so einer Aussage des Vorsitzenden Richters Stojek, das gibt zu denken.
Das ist wirklich eine gute Nachricht!
Der gemessene und somit statistisch erfasste Stromverbrauch in der entwickelten Welt stagniert bzw. nimmt stark und kontinuierlich ab: https://moderndiplomacy.eu/2019/02/14/the-mysterious-case-of-disappearing-electricity-demand/ Teilweise ist das auf selbst...
Die Nakba-Ausstellung, die zur Zeit von der VHS Reutlingen gezeigt wird, dokumentiert klar nachvollziehbar und mit den entsprechenden Nachweisen die wissenschaftliche Diskussion, die sich spätestens seit den 1980er Jahren (international noch früher) an den...
Wunderbar! Die Gewaltenteilung funktioniert zum Glück , auch dank der professionellen Recherchen und dem durchhaltevermögen von Kontext!
Sehr erfreulich und trotzdem stellt sich im Moment noch die Frage, ob Herr Grauf nicht gezwungermaßen das Hauptsacheverfahren "anleiern" könnte, um nicht Gefahr zu laufen, dass die Staatsanwaltschaft wegen seiner Eidesstattlichen Versicherung, dass die...
Herzlichen Glückwunsch zu dieser OLG-Entscheidung und Dank an Sie alle bei kontext für Ihre Standhaftigkeit. Die Freude war groß.
Danke, auch dafür, dass es KONTEXT gibt! "Der erste Kommentar kam von Edzard Reuter: "Die Feinde unserer Demokratie können sich nicht im Dunkeln verstecken!" KONTEXT schaut hin indes halb bin ich dabei! Der Klügere gibt nicht nach - alles andere wäre...
Ich denke, das eine neutrale Aufarbeitung der Fluchtbewegungen nötig ist. Zur gleichen Zeit wurden in allen arabischen Staaten Menschen jüdischen Glaubens vertrieben. Die Ausstellung ist gründlich mißlungen und wird berechtigterweise kritische Stimmen...
Eine tolle Nachricht!! Danke, dass ihr durchgehalten habt! Weiter so!
Es gibt doch noch gute Nachrichten für den Journalismus - Glückwunsch zum Erfolg und dran bleiben