Die Lage bei Stuttgart 21 auf den Fildern ist schwierig. Das zeigte sich vergangene Woche einmal mehr. Anfang Dezember verkündete das Verwaltungsgericht Mannheim (VGH), dass der Planfeststellungsbeschluss (PFB) für den neu zu bauenden Filderbahnhof am Stuttgarter Flughafen, an dem die Züge der Neubaustrecke Stuttgart-Ulm halten sollen, "rechtswidrig und nicht vollziehbar sei". Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu), Gruppe Stuttgart, und die Schutzgemeinschaft (SG) Filder hatten vor zwei Jahren gegen den 2016 ergangenen Beschluss geklagt. Was die Folgen der VGH-Entscheidung sein werden, wurde kurz darauf sehr unterschiedlich bewertet: Während der Nabu kürzlich von mehrjährigen Verzögerungen für das Projekt ausging, erwartet die Bahn keinerlei Verzögerungen. Sie geht davon aus, die vom Gericht geforderten ergänzenden Prüfungen in den kommenden Monaten nachholen und im Sommer 2019 mit dem Bau des Flughafenbahnhofs beginnen zu können.
Das mochte manche Betrachter etwas ratlos zurückgelassen haben. Zunächst: Es geht hier nur um den Planfeststellungsabschnitt 1.3a, denn 2015 wurde der Filderabschnitt von S 21 in zwei Teile geteilt (siehe Kasten). Und als "rechtswidrig" erachtete der VGH die Pläne nicht etwa wegen Mängeln beim Flughafenbahnhof und der Bahntrasse, sondern wegen der Anschlussstelle der Autobahn A 8, der so genannten Südumfahrung Plieningen. Die muss neu gebaut werden, weil die in Zukunft parallel zur Autobahn laufende Neubaustrecke die bisherigen Anschlüsse durchschneidet. Hierfür hätte es eine gesonderte Umweltverträglichkeitsprüfung geben müssen, womit das Gericht den Hauptargumenten der Kläger folgte.
Das Eisenbahnbundesamt (Eba) als prüfende Behörde habe verkannt, so das VGH, "dass es sich beim Straßenbauvorhaben – trotz seiner verfahrensrechtlichen Verbindung mit dem Eisenbahnvorhaben ... – um ein selbständiges Vorhaben handele". Daher seien dessen Vor- und Nachteile für Belange der Umwelt "gesondert abzuwägen". Abgesehen von diesen Fehlern, die "in einem ergänzenden Verfahren" behoben werden könnten, <link http: vghmannheim.de pb startseite medien external-link-new-window>sei der PFB allerdings rechtmäßig, erklärt das Gericht.
<link http: www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de no_cache de projekt aktuell newsdetail news newsparameter detail external-link-new-window>Die Bahn frohlockte daraufhin in einer Pressemitteilung sogleich, "alle das Eisenbahnvorhaben betreffenden Teile des PFBs wurden vom Verwaltungsgericht bestätigt", weswegen das Urteil keinen Einfluss auf den weiteren Vergabeprozess und den Beginn der Bauarbeiten habe.
Alles halb so wild also? Eine Einschätzung, die für den Stuttgarter Nabu "eher in der Kategorie 'sind wir nicht alle ein bisschen Trump' – also 'Fake News' einzustufen ist", so Nabu-Chef Peter Kleemann gegenüber Kontext. Denn zunächst einmal habe die Bahn für den gesamten Abschnitt kein Baurecht, für Schienen- wie für Straßenabschnitte. Und solange dies nicht bestehe, könne die Bahn zwar die Ausschreibungen und die Vergabe fortsetzen, aber "ob das Projekt im Filderabschnitt 1.3a – und infolge dessen auch im Filderabschnitt 1.3b – wie derzeit geplant zur Ausführung kommen kann", das entscheide sich erst im weiteren Verlauf des oder der Rechtsverfahren, so Kleemann. Und im aktuellen Verfahren bestehe noch die Möglichkeit, in nächster Instanz, vor dem Bundesverwaltungsgericht, in Revision zu gehen, was eine weitere Verzögerung von bis zu zwei Jahren bedeuten könne. Ob diese Option gezogen werde, will der Nabu von der Prüfung des schriftlichen Urteils abhängig machen. Bis das vorliegt, kann es noch "Wochen, aber auch Monate dauern", so Kleemann.
Kette von Fehleinschätzungen
Auch die SG Filder hält die Mannheimer Entscheidung im Gegensatz zur Bahn nicht für eine Bagatelle. Denn der Fehler im PFB, so die Schutzgemeinschaft <link http: www.schutzgemeinschaft-filder.de veranstaltungen news-detailanzeige article mannheimer-vgh-urteil-s-21-auf-den-fildern-planfeststellungsbeschluss-des-filderabschnitts-13a-ist _blank external-link-new-window>in einer Pressemitteilung, dokumentiere "die Fehleinschätzung gleich dreier Beteiligter": der Bahn AG, des Regierungspräsidiums Stuttgart als Anhörungsbehörde und des Eba als Planfeststellungsbehörde. Hier offenbare sich "ein weiteres Glied einer inzwischen langen Kette von Fehleinschätzungen und krampfhaften Bagatellisierungsversuchen bei einem inzwischen wegen zahlloser Detailmängel längst unhaltbar gewordenen Fehlprojekt". Und in der Tat kann man gerade beim Filderabschnitt, wo seit mittlerweile 16 Jahren die Planungen laufen (siehe Kasten), nicht gerade von einem reibungslosen Planungsfortschritt sprechen.
1 Kommentar verfügbar
Bernd Schulze
am 14.12.2018Angesichts des riesigen Dilemmas der DB AG, verursacht durch Privatinteressen und unvorstellbar große Inkompetenz in den Führungsriegen sowie der Politik, für mich unverständlich wie man an solchen geistlosen…