Bei den meisten Flüchtlingen fängt es an mit Deutschkursen. Man geht mit ihnen auf Wohnungssuche. Sie verstehen kein Behördendeutsch, also muss man sich in den ersten Monaten durch den Behördendschungel wühlen. Wir haben viele engagierte Mitarbeiter, die von Anfang an gesagt haben: Wir möchten helfen, wir möchten Patenschaften übernehmen. Aber es gab auch andere im Unternehmen, die überfordert waren, die gesagt haben: Uuh, jetzt kommt noch einer, was wissen wir, wen wir uns da ins Haus holen? Es gab Mitarbeiter, die tatsächlich Angst gehabt haben. Ein Unternehmen ist wie ein Mikrokosmos der Gesellschaft, wir mussten viele Gespräche führen, erklären wofür wir stehen. Wir haben dann angefangen, Fluchtgeschichten öffentlich zu machen, ganz sensibel und mit denjenigen, die ihre Geschichte erzählen wollten. Einfach um Verständnis zu schaffen.
Was ich wichtig finde: Auch der Staat investiert in Integration, man kriegt das erste halbe Jahr Zuschüsse, um die Mitarbeiter einzuarbeiten. Und wenn es klappt, ist es wunderbar. Unsere Mitarbeiter sind mittlerweile ein Team, ein Herz und eine Seele, sie leisten tolle Arbeit.
Auch körpersprachlich war es interessant: Als die Flüchtlinge zu uns kamen, waren sie gebückt und verängstigt, teilweise einfach hoffnungslos und leer. Jetzt haben sie Arbeit, sie haben einen Sinn im Leben, sie haben eine eigene Wohnung, sie blühen auf. Und dann kommt die Abschiebung, und die betrifft diese Menschen nicht nur wirtschaftlich und psychisch. Es betrifft auch unsere Mitarbeiter, alle sorgen sich. Und dann kommt noch dazu: Wenn tatsächlich diese sieben abgeschoben werden, haben wir einen riesen wirtschaftlichen Schaden. Wir haben es hochgerechnet, weil die Geflüchteten vornehmlich in der Produktion beschäftigt sind: Wir können mit 250 000 Euro Umsatzausfall durch Produktionsausfälle rechnen. Davon haben wir die Zuschüsse schon abgezogen.
Sie sagten, 110 Firmen sind jetzt bei der Initiative "Bleiberecht für Flüchtlinge" dabei. Läuft es in anderen Betrieben ähnlich wie bei Vaude, auch mit so viel Einsatz und mit Unterricht für die Sprache und Integrationsmaßnahmen?
Es läuft auf ganz verschiedenen Ebenen, teilweise sind riesen Unternehmen dabei wie die EnBW, teilweise ganz kleine, wie der Metzgermeister um die Ecke. Was alle verbindet, ist zum einen, dass Integration nicht einfach ist, das ist kein Spaziergang, man muss sich wirklich reinhängen. Und zum anderen ist es schwierig, Arbeitskräfte zu finden. Oft hat man ja im Kopf, dass Fachkräfte fehlen. Aber es fehlen auch Arbeitskräfte im Handwerk, in der Produktion, in der Hotellerie, in der Gastronomie. Ich höre zum Teil dramatische Geschichten von Unternehmern, was Existenzgefährdendes passieren wird, wenn die Flüchtlinge jetzt abgeschoben werden.
Wie kam es dazu, dass zwölf Asylbewerber bei Ihnen arbeiten?
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