Ob Hermann manchmal bereue, in die Politik gegangen und nicht Lehrer geblieben zu sein?, fragt Stefan Siller. Dass ein Verkehrsminister keine Freude hat an Fahrverboten für die Landeshauptstadt, liegt nahe, aber als Grüner Revision einlegen zu müssen, wenn das Stuttgarter Verwaltungsgericht Fahrverboten für bessere Luft möglich macht, das muss doch wehtun. Also: Sehnsucht nach dem alten Job?
Nee, sagt der Grüne. Bloß: "Man macht als Minister schon auch die manchmal schmerzhafte Erfahrung, dass man denkt, jetzt ist man endlich auf dem Sessel der Macht angekommen und dann stellt man fest, man ist auch da nicht alleine. Demokratie heißt, dass man nie alleine ist mit seinen Entscheidungen. Man entscheidet innerhalb einer Regierung oder einer Partei, aber dann hat man einen Koalitionspartner, es gibt gesellschaftliche Gruppen, die Lobbygruppe der Wirtschaft ist da genauso legitim wie die Lobbygruppen der Umweltverbände oder der Bürgerinnen und Bürger, und alle versuchen, auf einen einzuwirken. Man ist ständig am Kompromisse-Machen. Das in der Tat muss man allerdings können, sonst sollte man nicht in die Politik gehen."
Bald Fahrverbote in Stuttgart? Glaubt Hermann nicht
Zum Thema Revision erzählt Hermann den Werdegang des Gerichtsverfahrens: Den Vorstoß zur Blauen Plakette, wie der Ex-Bundesverkehrsminister Dobrindt ihm dann mailte, er solle halt Fahrverbote machen und die Grüne Plakette auf den Schildern an den Straßen zukleben ("Was ist denn das für ein absurder Vorschlag? Nur weil er nicht den schwarzen Peter haben will, soll ich ihm den übernehmen?"). Wer jetzt in dieser Sache das Sagen hat, Bund oder Land, das werde nun vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig geklärt. Um die Sache an sich gehe es dabei ja nicht. Insofern: Die Revision hat ihm keine Bauchschmerzen gemacht.
Und was, wenn Leipzig die Fahrverbote für Stuttgart bekräftigt? Das glaubt er nicht, der Minister. Denn es wäre "absurd" in allen möglichen Städten andere Regelungen zu haben. Aber wenn dann die Zuständigkeit bei der Bundespolitik liege, müsse die sich bewegen.
Absurd auch die jüngst geäußerte und wieder verworfene Idee der Bahn, die Anbindung an den Stuttgarter Flughafen für Stuttgart 21 <link https: www.kontextwochenzeitung.de debatte neue-post-aus-schilda-4843.html _blank external-link>nahezu gänzlich frei von schnellem Zugverkehr zu halten (Minute 33:20). "Das wäre ja fast ein Schildbürgerstreich gewesen", sagt Herrmann. "Der Konzern ist einfach groß und schlecht gesteuert."
Und was halten Sie von der GroKo, Herr Minister (37:08)?
"Ich ärgere mich ein bisschen, wenn jetzt schon automatisch gesagt wird, GroKo ist Blockade. Das war es in den letzten vier Jahren, aber im Interesse des Landes muss man doch sagen, die müssen besser werden, wenn sie nochmal zusammenkommen." Und wo das neue Bündnis versagen sollte – möglicherweise in Sachen Energiewende – müssten halt "gesellschaftliche Kräfte" Druck ausüben." Er halte ja gerade überall Neujahrsansprachen, sagt Herrmann, und da spreche er gerne über die 68er Rebellion. "Was da ein paar Studenten begonnen haben, hat zu einer weltweiten gesellschaftlichen Veränderung geführt. Aber man hat nicht gesagt, so liebe Regierung, das müsst ihr jetzt aber mal machen, wir haben euch gewählt. Sondern man hat gesagt, das nehme ich selber in die Hand, wir ändern die Gesellschaft. Das ist mir bisschen verloren gegangen." Er erwarte jetzt Veränderungswillen. "Heute sind ja viele, die aus dieser Zeit stammen, in relevanten gesellschaftlichen Stellungen. Und die können einen Beitrag leisten."
Nach dem Rückblick dann der Ausblick (Minute 43:00): Wie sieht es aus mit dem Grünen Robert Habeck und der Trennung von Amt und Mandat? Kann Habeck im Falle seiner Wahl zum Bundesparteivorsitzendem für eine Übergangszeit von einem Jahr gleichzeitig Umweltminister in Schleswig-Holstein bleiben? "So ein Amt fordert einen", gibt der Hermann zu bedenken. Und warnt zur Vorsicht vor Interessenkonflikten. Dann sagt er: "Der Übergang muss schneller gehen. Ich fürchte, dass die Partei ihm kein Jahr Zeit gibt."
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Horst R
am 28.01.2018