"Befürworter der Nachtspeicheröfen argumentieren, dass diese als Speicher für erneuerbare Energien verwendet werden können", erläutert Christian Stolte, Bereichsleiter Energieeffiziente Gebäude der Deutschen Energie-Agentur (dena). Dies stimme aber nur theoretisch. "Allerdings ist in einem Stromsystem mit hohen Anteilen von fluktuierenden Energien aus Sonne und Wind notwendig, dass Verbrauch und Erzeugung flexibel und kurzfristig aufeinander reagieren können", so Stolte. Alte Speicheröfen könnten dies nicht, da sie nicht über die dafür erforderliche Steuerung verfügen, die laufend mit dem Stromnetzbetreiber und Energieversorger kommuniziert. Zudem drängt Ökostrom vor allem im Hochsommer aus Sonnenkraftwerken ins Netz, zu einer Zeit, in der Speicherwärme kaum nachgefragt und verbraucht wird.
2012 bewies RWE nach eigenen Angaben, dass es doch funktioniert. Für einen Praxistest rüstete der Konzern die Speicheröfen in 50 Meckenheimer Haushalten mit Regelungstechnik nach. "Technisch funktioniert das System", beteuerte Norbert Verweyen, Technikchef der RWE-Effizienztochter, damals und versicherte: "Wenn wir nachweisen können, dass es sich wirtschaftlich rechnet, wollen wir 2014 damit auf den Markt kommen." Vermarktet werden sollte das Modell als "Windheizung" – wohl in der Hoffnung, die Assoziation der Elektroheizung mit Atom und Asbest zu vermeiden. Mittlerweile will RWE ein entsprechendes Tarifangebot frühestens für die Heizperiode 2015/2016 unterbreiten.
Von "flexiblem Wärmestrom" bis Wärmepumpe: bloß Pushups für ein veraltetes System?
Seit 2013 tüftelt auch der Karlsruher Energieversorger EnBW im Modellversuch "flexibler Wärmestrom" daran, das veraltete Heizsystem mit neuen Energieformen zu verknüpfen. Dabei kämpfte der Konzern anfangs mit unerwarteten Schwierigkeiten: In Boxberg im Main-Tauber-Kreis ließen sich nicht genügend freiwillige Teilnehmer finden, sodass das Versuchsgebiet mit 150 "Pionierhaushalten" auf angrenzende Landkreise ausgedehnt werden musste. Nach zweijähriger Versuchsdauer liest sich der Zwischenbericht vom vergangenen Juni ernüchternd. Gezeigt habe sich, dass das Prinzip funktioniert. Doch: "Die technische und energiewirtschaftliche Komplexität ist hoch", berichtet EnBW-Projektleiter Jan Gratenau. Wohl auch deshalb verlängerte die EnBW den Versuch um weitere zwölf Monate.
Für den Klimaschutz ist der Weiterbetrieb der veralteten Stromheizungen verheerend. "Bei Erzeugung und Transport von Strom geht viel Energie verloren. Das heißt konkret, dass für eine Kilowattstunde Heizenergie ca. 2,4 Kilowattstunden Energie in Form von Rohöl, Kohle oder Gas benötigt werden. Dies führt zu einem unnötig hohen CO2-Ausstoß und ist energetisch nicht sinnvoll", sagt dena-Experte Stolte. Das Angebot der Energieversorger, für Heizstrom Ökostromquellen anzuzapfen, verbessert die Bilanz nicht wirklich. Denn noch besitzt die besonders klimaschädliche Braun- und Kohleverstromung mit 43,6 Prozent einen hohen Anteil im deutschen Stromerzeugungsmix. Nach Berechnungen des Umweltbundesamts gingen so für jede Kilowattstunde Strom durchschnittlich 569 Gramm klimaschädliches Kohlendioxid in die Luft.
Experten warnen zudem vor vermeintlich sauberen Infrarot-Flächenheizungen, die bis zu 30 Prozent an Heizenergie einsparen sollen, zusammen mit hohem Komfort und sauberem Klimagewissen. "Auch die Infrarot-Flächenheizung wird mit Strom betrieben. Das ist in Deutschland nach wie vor die teuerste Energieform", erklärt Stefan Materne von der Verbraucherzentrale Energieberatung. Da die Heizung keinen Niedertarif nutzen kann, fallen im normalen Haushaltstarif gegenwärtig etwa 27 bis 30 Cent je Kilowattstunde an, für Gas hingegen rund sieben, für Heizöl umgerechnet etwa acht und für Holzpellets nur sechs Cent. Eine Infrarotheizung beschert ihrem Besitzer also im Vergleich zu Öl- oder Gasheizungen zwei- bis dreimal so hohe Kosten pro Kilowattstunde. "Der Vorteil der Infrarotheizung aufgrund vergleichsweise niedriger Investitionskosten ist damit in kurzer Zeit wieder aufgezehrt", resümiert Materne.
"Wenn Verbraucher mit Strom heizen möchten, sollten sie auf Wärmepumpen umsteigen. Die sind drei- bis viermal effizienter als Nachtspeicherheizungen", rät auch dena-Experte Stolte. Der Stuttgarter Peter Mayer und seine Nachbarn wollen auf jeden Fall weg vom Strom – und stehen weiter unter Spannung: "Uns wurde die Verlegung der Gasleitung nun für das zweite Halbjahr 2016 versprochen."
2 Kommentare verfügbar
Markus Hitter
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