Im Augenblick ist es still im Tarifstreit zwischen der Deutschen Bahn AG und der Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL). Klar, es gibt die Schlichtung. Und diese kann offiziell bis Mitte Juni andauern. So lange gilt auch die Friedenspflicht: kein Streik. Für einen großen Teil der Öffentlichkeit wirkt das Ganze, als sei die Kuh vom Eis. Zumal wenige Stunden vor Schlichtungsbeginn mitgeteilt wurde, die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und die Deutsche Bahn AG hätten sich auf einen Tarifabschluss geeinigt. Dieser sei, so die Bahn, "Maßstab" für eine spätere Einigung mit der GDL. Materiell liegt der Abschluss auf der Höhe anderer Tarifabschlüsse des Jahres 2015. Und er liegt höher als das, was der Konzern der GDL vor dem letzten Streik angeboten hatte. Die Botschaft lautet: Wer viel streikt, bekommt eher wenig. Wer brav kuschelt, bekommt einen passablen Abschluss.
Diese Botschaft ist Teil einer umfassenden Dramaturgie. Sehr viel spricht dafür, dass der Streit zwischen der Bahn und der GDL ein exemplarischer Kampf zwischen der Kapitalseite und den organisierten Beschäftigten ist, im letzteren Fall vertreten durch die GDL. Im Hintergrund geht es um das Tarifeinheitsgesetz, das im Bundestag inzwischen beschlossen wurde und mit dem das Streikrecht in Deutschland drastisch eingeschränkt wird. Da diese Auseinandersetzung für die Unternehmerverbände und für die Bundesregierung zentral und von großer politischer Bedeutung ist, liegt es auf der Hand, dass diejenigen, die von einer Niederlage der GDL – stellvertretend für kampfstarke, kleine Gewerkschaften – profitieren, hier nichts dem Zufall überlassen. Das heißt, dass sie alles tun werden, diesen Konflikt zu steuern und ihn so zu steuern, dass die Arbeitnehmerseite unterliegt und die Kapitalseite gewinnt. Und: Dass sie dabei alle Mittel einsetzen werden, die bei dieser Art Klassenkampf von oben einsetzbar sind.
In der Regel erfolgt ein solches gezieltes, kampagnenmäßiges Vorgehen verdeckt und konspirativ. Dass es "so was" gibt, gelangt meist nicht oder erst lange Zeit nach den entscheidenden Ereignissen ans Licht der Öffentlichkeit. Im vorliegenden Fall gibt es allerdings bereits heute interessante Hinweise darauf, dass es ein solches gezieltes und koordiniertes Vorgehen gibt.
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Ulrich Frank
am 08.06.2015