Nicht, dass die SS-Geschichte des Hans Robert Jauß am Bodensee unbekannt gewesen wäre. Schon in den 1970er-Jahren tauchte sie auf, nur in Konstanz wurde sie lange gedeckelt und heruntergespielt. Ein öffentliches Thema wurde sie erst, als sie der Autor Gerhard Zahner am 19. November 2014 auf die Konstanzer Bühne brachte. (Siehe dazu den Artikel <link http: www.kontextwochenzeitung.de zeitgeschehen die-schule-als-waffe-2549.html _blank>"Die Schule als Waffe".) Zuvor hatte Rektor Rüdiger den Potsdamer Historiker Jens Westemeier mit weiteren Recherchen beauftragt. Heraus gekommen ist eine 138-Seiten-Dokumentation, die sich auf Archive in Tschechien, Polen und Serbien stützt – und das Denkmal Jauß vom Sockel holt.
Jauß, so Westemeier, war "politisch hoch ideologisiert" und schon bei der Hitlerjugend durch seine "Führungsqualitäten" aufgefallen. Im Alter von 17 Jahren trat er der SS bei, wurde 1941 zum SS-Untersturmführer befördert und somit innerhalb kurzer Zeit Mitglied im inneren Zirkel des SS-Führercorps. 1942 kämpfte Jauß mit der Freiwilligen Legion Niederlande an der Ostfront und war Teil der Heeresgruppe Nord, die über zwei Jahre lang die Stadt Leningrad blockierte und aushungerte, wobei über eine Million Einwohner ihr Leben verloren. Später erklärte Jauß, von den Vorgängen habe er damals nur "mitunter" etwas aus diversen Mitteilungsblättern erfahren, aber von Kriegsverbrechen durch die Waffen-SS habe er nichts gewusst.
Eine Bilderbuchkarriere im NS-Staat
Im Herbst 1943 führte Jauß eine Kompanie in Kroatien im sogenannten Partisanenkampf. Seine Gruppe war nachweislich beteiligt an Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung. Vier Dörfer wurden niedergebrannt, Menschen starben, eine ganze Region wurde von der SS verwüstet und ausgeplündert. Eine individuelle Tatbeteiligung, beispielsweise bei Deportationen oder Massakern, so Westemeier, könne man Jauß zwar nicht nachweisen, "aber er hatte Führungsverantwortung, wusste, was geschah und war vorne mit dabei". Noch vor Ort wurde der schneidige SS-Mann am 9. November zum Obersturmführer, ein Jahr später zum SS-Hauptsturmführer ernannt. Mit knapp 23 Jahren, was in diesem Alter nur ganz wenigen gelang. Eine Blitz- und Bilderbuchkarriere im NS-Staat.
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Frank Schnekenburger
am 08.06.2015