Vier Stolpersteine, vier Namen, vier Tote – ermordet von den Nazis in Auschwitz. Vier Stolpersteine liegen im Schneematsch, die kleinen viereckigen Messingplatten auf den Pflastersteinen glänzen golden. Sie sind nur für einige Minuten auf den Boden gestellt, abgelegt für den Moment. In das Pflaster eingelassen werden dürfen sie nicht. "Louis Bikart", "Jeanette Bikart", "Ruth Bikart", "Silva Irene Bikart" – so steht es auf den Steinen. Die Namen sind wichtig. Schließlich geht es in dieser Geschichte um Namen. Jeden einzelnen Namen, jeden einzelnen Schmerz.
Pierre-Louis Bikart, Enkel und Neffe, steht vor den Steinen, an dem Grundstück, auf dem früher seine Familie gelebt hat. Er ist mit seiner Schwester, seiner Frau und Verwandten aus Straßburg nach Villingen gekommen, weil die Schule, auf die Ruth Bikart ging, an diesem Morgen eine Gedenkplatte eingeweiht hat – für Ruth Bikart und Julie Schwarz, eine entfernte Cousine. Es ist der 27. Januar 2015. Vor 70 Jahren haben die Russen Auschwitz befreit.
Die Schule hätte gern Stolpersteine für die Mädchen gesetzt. Doch vor der Schule erlaubt die Stadt nicht, in der Schule erlaubt der Erfinder der Stolpersteine nicht. Die Steine müssen im öffentlichen Raum sein, nicht versteckt. Der Gemeinderat hat 2013 das zweite Mal nach 2004 diese Form des Gedenkens auf öffentlichen Plätzen, auf den Gehwegen der Stadt abgelehnt. CDU, Freie Wähler und ein Stadtrat der Deutschen Liga für Volk und Heimat stimmten dagegen. Der Künstler Gunter Demnig hat die Steine erfunden, um an die von den Nazis im Zweiten Weltkrieg verfolgten Juden, aber auch andere Gruppen, wie Sinti und Roma, zu erinnern. Sie werden vor den ehemaligen Wohnhäusern der Opfer in den Boden eingelassen. "Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist", zitiert Demnig den hebräischen Talmud. Das Herunterbeugen zu den Steinen, um die Tafeln zu lesen, sei zugleich eine Verbeugung vor den Opfern.
Doch warum fällt manchen das Erinnern so schwer? Was machen die, die sich damit nicht zufrieden geben wollen? Und warum findet jetzt auch noch ausgerechnet in Villingen-Schwenningen die einzige Pegida-Demonstration in Baden-Württemberg statt? Die Aktion einer islamfeindlichen Bewegung, die Stimmung gegen Ausländer macht.
11 Kommentare verfügbar
Sarkino
am 09.02.2015