Ist die Chefredakteurin der taz, Ines Pohl, eine Lügenjournalistin, wenn sie dem ARD-Fernsehen beim Aufmarsch der Regierungschefs in Paris eine sehr spezielle Art von bildlicher Berichterstattung vorwirft ? Von wegen vorneweg marschiert. Sind die Demonstranten, die unter der Flagge Pegida ihre Meinungen, Vorurteile bis hin zur Volksverhetzung austoben, dumpfe braune Mitläufer, und jene, die sie so beschreiben, "Lügenschreiber"?
Wer lügt, weiß dies. Der schreibt bewusst etwas, von dem er weiß, dass es so nicht zutrifft, aber in seine "Wahrheit" besser passt. Das ist zulässig als persönliche Meinung. Als JournalistIn muss ich mich davor hüten. Der Anspruch auf Pressefreiheit schließt die Lüge aus.
Mit der Motivation, nur die eigene Wahrheit im Volk zu verbreiten, wurde schon das Zweite Deutsche Fernsehen von Konrad Adenauer ins Leben gerufen. Der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland konnte nicht so viele Journalisten und Journalistinnen zu seiner "Teestunde" einladen, um die "reine, lautere oder schlichte Wahrheit" seiner Sicht der Dinge dem lesenden Volk zu überbringen. Da musste dann ein zweiter Sender her.
Wahrheiten lassen sich basteln
Willi Winkler schreibt in der "Süddeutschen Zeitung" unter der Überschrift "Lügen wie gedruckt", dass Lügen in der Zeitung normal sei: Der Leitartikel etwa, der die Abhörpraxis verurteile, verschweige, dass die Amerikaner uns vom Nazismus befreit hätten. Das ist eine seltsame Auffassung von Wahrheit. So gesehen dürfte auch die Annexion der Krim gegenstandslos werden, denn die Rote Armee hat uns auch unter großen Opfern vom Nazismus befreit.
Am 27. Januar 2015 wird auch der Jahrestag der Befreiung von Auschwitz (durch die Rote Armee) gefeiert, doch Präsident Putin wird nicht eingeladen. So bastelt sich jede Regierung ihre Wahrheiten, und wir lesen sie.
Und wenn wir die sehr erschreckenden Details des (schon sehr geschwärzten) 499-Seiten-Berichts der US-Regierung über die Folter des US-Geheimdiensts gelesen haben, bedeutet das Unwort "erweiterte Verhörmethoden" die Verschleierung von unerträglicher Folter und Verletzung der Menschenwürde. Es ist die Nicht-Darstellung von Wahrheit. Es wird uns verschwiegen, warum die Gräuel nicht vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte kommen und Herr Rumsfeld nicht vor Gericht. Das ist die Unterlassung von Wahrheitssuche, aber keine Lüge.
7 Kommentare verfügbar
CharlotteRath
am 12.02.2015