Er wird doch nicht altersmilde geworden sein. Peter Lenk, 77, der ewige Provokateur. Müssen wir uns Sorgen machen?
Kein nackter Kretschmann mehr, der mit den Zügen ringt. Kein Pimmel am taz-Haus, der "Bild"-Chef Diekmann zugeordnet wird, keine dralle Imperia in Konstanz, die bei Nacht und Nebel in der Hafeneinfahrt auftaucht, kein Minister Strobl, der lauthals "Sauerei" schreit. Stattdessen eine Gedenksäule, die von einer Stadt gutgeheißen, bestellt, finanziert und feierlich enthüllt wird.
So geschehen in Böblingen, das sich ein 9,80 Meter hohes "Lenk-Mal" für 350.000 Euro leistet, zu Ehren der Bauern, die vor 500 Jahren von Georg III. Truchseß von Waldburg-Zeil vor Ort niedergemetzelt wurden. Zwischen Goldberg und Galgenberg standen sich 10.000 Aufständische und 8.000 Soldaten am 12. Mai 1525 gegenüber, das Schlachten endete mit einer vernichtenden Niederlage des gemeinen Mannes.
Sie wolle damit an ein bedeutendes Ereignis in ihrer Geschichte erinnern, betont die Stadt, an den Kampf der Bauern um Recht und Freiheit und Teilhabe. Und wer passe dazu besser als ein Künstler, der ein "tiefes Gerechtigkeitsempfinden" habe und "keine Angst vor niemand"? Das sagt Stefan Belz, der grüne Rathauschef. Ihn freut, dass seine Bürgerschaft die Hälfte der Kosten durch Spenden trägt.
Der Verlegersohn vermisst die Rebellion
Der örtliche Meinungsführer, der "Böblinger Bote", teilt die Begeisterung nicht. Im Gegenteil. Besonders irritiert zeigt sich Jan-Philipp Schlecht, ein Spross der örtlichen Verlegerfamilie, die ihren Laden an die Südwestdeutsche Medienholding (SWMH) verkauft hat. Für den Filius ist noch das Amt des Lokalchefs geblieben, aus dem heraus er fragt, was an Lenk eigentlich noch rebellisch sei? Von einer Rebellion könne "keine Rede" sein, wenn der gesamte Gemeinderat den Kauf gut finde, urteilt Schlecht junior und kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Gedenksäule "erstaunlich brav" geraten sei. Nicht einmal der vom Hof gejagte ex-OB Wolfgang Lützner (CDU) werde gezeigt.
2 Kommentare verfügbar
Nico
vor 3 StundenM.E. wurde in den Bauernkriegen die Grundlage für die exzessive Ungleichheit bei Macht und Vermögen von heute mit gelegt.
Siehe Waldburg-Zeil. Aber nicht nur.
Thomas Müntzer wurde verunglimpft und ausgeschaltet. 1 toller Reformator. Wäre er mE gewesen.
Danke auch…