Die Befragung der Geschichte geht weiter: "Kolonialismus, Schulden, Weltbank, IWF". Die Berliner Konferenz 1884 kommt zur Sprache, als die europäischen Mächte den afrikanischen Kontinent unter sich aufteilten. Auch Thomas Sankara, der die frühere Kolonie Obervolta in Burkina Faso, das Land der aufrechten oder ehrenwerten Menschen, umbenannt hat. 1987 wurde er ermordet, nachdem er sich in einer Rede vor der Organisation afrikanischer Staaten gegen die Schuldenrückzahlung ausgesprochen hatte. "Wollen Sie uns weiter ausbeuten?", fragt Idir den Investor.
Ein Akkordeon erklingt in der Kirche St. Maria, zuerst ganz leise. Die Schauspieler:innen summen mit und singen dann alle den deutschen Text: "Ein Wind weht von Süd und zieht mich hinaus auf See." Das Lied ist der Auftakt zum Stück, noch bevor Huber das Zelt von Sanlam, Idir und Tala betritt. "Mich trägt die Sehnsucht fort in die blaue Ferne ..." Die sentimentale Melodie kennt jede:r: "La Paloma ohe ... einmal holt uns die See / und das Meer gibt keinen von uns zurück."
Keim der Hoffnung: Das Volk erhebt Einspruch
Am Ende hat sich die Perspektive gewandelt. Nun stimmt Idir ein Lied an: von den Vögeln im Schatten des Feigenbaums. Sanlam packt ein Instrument aus und begleitet ihn. Er will, gegen den Willen seines Volkes, jetzt nicht mehr verkaufen. Huber verspricht, das Land werde von den Investitionen profitieren. Sanlam schenkt ihm sein Instrument, denn: "Jeder Fremde, selbst ein Händler, verdient geehrt zu werden." Am Ende stellt sich die Frage: Was ist die Zukunft? Investitionen in Erdöl und Bodenschätze oder das, was die Kinder des Landes in jeder Generation selber für sich entscheiden?
Thierry Ouéda verfolgt mit dem Stück– wie generell mit dem Théâtre Soleil, das er vor zehn Jahren gegründet hat – pädagogische und zugleich politische Absichten. Seit 2015 gibt es das Bildungsprojekt "Graines d'espoir" (Keime der Hoffnung), das mehr als 400 Schüler:innen pro Jahr Schauspielunterricht bietet. Wie viele von ihnen dann wirklich Schauspieler:innen werden?, fragt Lisa Sperling Dossa, die Produktionsleiterin des Stücks. Sie versuchen, so vielen wie möglich eine Zukunft zu bieten, antwortet Ouéda, das sei aber nicht einfach. Viele spielten in Produktionen des Théâtre Soleil mit. Etwa 50 Personen sind ständig an seinem Theater beschäftigt.
1 Kommentar verfügbar
Vive l'Afrique
am 03.05.2023https://der-andere-film.ch/filme/filme/titel/abc/capitaine-thomas-sankara
Vielen Dank für diesen Artikel…