Vor allem aber legt die CDU-Landtagsfraktion beredt Zeugnis von ihrer Absicht ab, den Parteifreund in Schutz zu nehmen. So kommt Strobl zwar im amtlichen Langnamen des Gremiums “Handeln des Innenministers und des Innenministeriums im Fall des Verdachts der sexuellen Belästigung gegen den Inspekteur der Polizei Baden-Württemberg und Beurteilungs-, Beförderungs- und Stellenbesetzungsverfahren in der Polizei Baden-Württemberg (UsA IdP & Beförderungspraxis)” ausdrücklich vor. Um eine Bewertung seines Verhaltens aber drücken sich die CDU-Mitglieder im Ausschuss ganz und gar herum. Auf keinen Fall anecken ist die Devise.
CDU-Obfrau Christiane Staab, ebenfalls Juristin, schließt sich der politischen Einschätzung von Kretschmann und Strobl selbst an. In der schriftlichen Bewertung der Ausschussarbeit durch die CDU-Fraktion ist der Innenminister gar kein Thema mehr. Dabei "bekräftigt" die Fraktion doch, wie es so schön im PR-Jargon heißt, dass die Arbeitsergebnisse "nun in verlässliche, wirksame und zukunftsorientierte Verbesserungen übersetzt werden müssen".
Vieles verläuft im Sande
In Auftrag gegeben wird unter anderem eine Dunkelfeldstudie zu sexuellen Übergriffen bei Landesbehörden. "Die Verantwortung endet nicht", sagt Hildenbrand, nur weil der Ausschuss seine Arbeit beendet hat, denn: "Offenbar gibt es eine Kultur bei der Polizei, wo sich Menschen nicht trauen, Missstände zu benennen." Auch diese Gelegenheit, Strobl als deren obersten Chef zumindest zu erwähnen, lässt er verstreichen. Ohnehin Offenkundiges verläuft ebenfalls im Sande. Das Innenministerium hatte versucht, den früheren LKA-Präsidenten Ralf Michelfelder, einen der größten Kritiker Renners, mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Unrecht in ein schlechtes Licht zu rücken. Mehrfach hatte die grüne Ausschussvorsitzende Daniela Evers in den vergangenen Monaten Aufklärung versprochen. Jetzt räumt sie ein, Neues nicht mehr erfahren zu haben.
Da kommen Zweifel auf an der Ernsthaftigkeit des Versprechens, die Erkenntnisse zur Beförderungs-Praxis bei der Polizei und zu sexuellen Übergriffen würden nicht in der Schublade verschwinden: Eine einschlägige Bachelor-Arbeit hält das Innenministerium mit fadenscheinigen Argumenten unter Verschluss. Sie zu veröffentlichen, wäre mehr als eine Geste des guten Willens gewesen, Grünen und CDU sowie Strobl und seinem Team nicht alles durchgehen zu lassen.
"Wir hören uns an, was die Fraktionen zu sagen haben", sagt stattdessen Kretschmann mit Blick auf die Landtagsdebatte zur Ausschussarbeit noch vor Weihnachten. Viele in der Polizei werden es ihm gleichtun. Frust ist programmiert. Mehr denn je gilt jetzt der Satz des Zeugen Ralf Kusterer, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, während seiner Vernehmung: "Wäre Innenminister Strobl ein Polizist, hätte ihn das Innenministerium schon suspendiert." Der fiel übrigens im April 2024. Es hätte also jede Menge Zeit für den Ministerpräsidenten gegeben, sich doch ernsthaft damit vertraut zu machen und entschlossen zu handeln.
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