Die Ausgangslage ist einfach: Im Nordirak sitzen rund 20 Ehemänner und engste Angehörige jener Jesidinnen, die 2015 in Baden-Württemberg aufgenommen wurden (Kontext berichtete). Als "Glück", bezeichnet Florian Hassler (Grüne), der zuständige Staatssekretär im Staatsministerium, dass einige Väter aus der Gefangenschaft freigekommen sind. Jetzt hoffen sie darauf, bei ihren Familien leben zu können. Sie herzuholen sei "kein Hexenwerk". Denn es könne das "noch nicht völlig erfüllte" Sonderkontingent aus dem Jahr 2015 genutzt werden.
Wie schon vor zehn Jahren mitzuständig für die Organisation vor Ort ist der renommierte Psychologieprofessor und Traumatologe Jan Kizilhan, der damals die etwa 1.100 Frauen und Kinder auswählte und betreute, die der Südwesten aufnahm. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte in der Berliner Landesvertretung Überlebende der Massaker im Nordirak getroffen. Der selbsternannte "Islamische Staat" (IS) ermordete ab Sommer 2014 Tausende Menschen. Männer und Jungen wurden erschossen, gepfählt, enthauptet, in Massengräbern verscharrt, Frauen und Kinder verschleppt, versklavt, vergewaltigt. Die Bilder, die Kretschmann zu sehen bekam, ließen ihn nicht los. Die grün-rote Landesregierung entschied sich für die Sonderkontingent-Lösung.
Das Verhandlungsteam um Thomas Strobl und Manuel Hagel (CDU) hat 2021 versprochen, genau daran anzuknüpfen. "Die Koalitionspartner werden sich auf Bundesebene darum bemühen, die Genehmigung für ein weiteres Sonderkontingent für besonders schutzbedürftige Personen, insbesondere Frauen und Kinder, die Opfer traumatisierender Gewalt durch den IS geworden sind, zu erhalten", steht auf Seite 82 im Koalitionsvertrag. Und der Familiennachzug solle erleichtert werden, weil "die Familie als Ort der Sicherheit und Vertrautheit entscheidend dazu beiträgt, dass Integration gelingt". Heute sind die Sätze der CDU das Papier nicht mehr wert, auf dem sie stehen.
2 Kommentare verfügbar
Bea Shaffer
vor 3 Stunden