Kizilhan schreibt die medizinisch-psychologischen Gutachten für das Staatsministerium. Anschließend überprüfen Landesbeamte die Frauen für die Visa. In einer dritten Stufe untersuchen Mitarbeiter der Internationalen Organisation für Migration die Frauen auf ansteckende Krankheiten. Die Auswahl für das Sonderkontingent treffen Kizilhan sowie zwei Beamte des Landes, betont Staatssekretär Murawski. Das Projekt steht unter besonderer Beobachtung. Beim Koalitionspartner SPD schüttelt heute noch manch einer den Kopf darüber. Ob man den Betroffenen nicht besser in ihrer Heimat helfen könnte? Immerhin stellt Grün-Rot innerhalb von drei Jahren bis zu 95 Millionen Euro bereit, mindestens 42 000 Euro pro Kopf, deutlich mehr als für einen regulären Flüchtling. "Ein absolut irrer Vorgang", heißt es aus Regierungskreisen. Kizilhan sagt dagegen, dass es in ganz Dohuk nur einen Psychotherapeuten gebe, eine Behandlung in der Region sei nicht möglich.
Auch dank der großzügigen, finanziellen Ausstattung hat das Land offenbar keine Probleme, genügend Unterkünfte für die Frauen zu finden. Mittlerweile sind sie laut Murawski in acht Kommunen untergebracht. Bei dem Profil der Frauen wolle man nun mal helfen, heißt es beim Landkreistag.
Die Aufenthaltsorte der Frauen sind geheim
Zum Schutz der Frauen teilt die Regierung nicht öffentlich mit, wo diese untergebracht sind. Nach Angaben des Innenministeriums gibt es in Baden-Württemberg "eine niedrige zweistellige Zahl" von Islamisten, die sich in Syrien und dem Nordirak dem IS anschließen wollten und wieder zurückgekehrt seien. "Wir behandeln die Sicherheitsfrage, wie wir sie auch bei einem Frauenhaus praktizieren würden", sagt Murawski. Geheimhaltung ist der beste Schutz. Konkrete Anhaltspunkte für eine Gefährdung gebe es aktuell nicht.
Die betroffenen Städte arbeiten zum Teil mit Sicherheitsdiensten zusammen. "Wir haben alles Menschenmögliche getan, dann ist auch das Bauchgefühl okay", sagt ein Amtsleiter in einer der größeren Kommunen, die rund 50 Frauen und Kinder aufgenommen hat. "Gemessen an den Schwierigkeiten ist es sogar sehr gut gelaufen", sagt der Mann.
"Wir waren überrascht, wie normal die Frauen sind", berichtet die Flüchtlingsbeauftragte in einer kleineren Kommune. Dort besteht die Gruppe aus 14 Frauen sowie 30 Jugendlichen und Kindern, das Jüngste sechs Monate alt. Die Phase des Ankommens sei gut überstanden worden, erzählt die Betreuerin. Die Frauen lernten in einem Kurs Deutsch - sowie Lesen und Schreiben. Die Kinder gingen mit anderen Flüchtlingskindern in die Vorbereitungsklassen. Die Gruppe kaufe selbständig ein und koche für sich.
In dieser Woche sollen die ersten Therapiegespräche für neun Frauen in einer Einrichtung beginnen, die Erfahrung mit traumatisierten Flüchtlingen hat. Der verantwortliche Traumatherapeut vergleicht das Schicksal der Frauen mit dem von Zwangsprostituierten aus Nigeria. "Ich schätze, dass wir sie so zwei Jahre begleiten werden, dann sind sie flügge", sagt er.
Ab Herbst will nun auch Niedersachsen 40 IS-Opfer aufnehmen. Weitere Länder sollen Interesse angemeldet haben. Kizilhan spricht von allein 5600 Jesidinnen, die vom IS verschleppt wurden. Samira, so hofft er, wird im September nach Baden-Württemberg kommen.
7 Kommentare verfügbar
Schwabe
am 10.08.2015"...Die Syrischen Frauen, um die es geht, sind wie Schwerverletzte Unfallopfer und müssen unmittelbar behandelt werden um überhaupt die Chance auf ein einigermaßen erträgliches Leben zu bekommen..."!
Jetzt verstehe ich auch, warum alle privat Versicherten in…