"Setzen, sechs!", hätte es nach dem Treffen im Kloster Bebenhausen bei Tübingen heißen müssen: nicht für die Fachpolitiker:innen der Koalitionsfraktionen, die in mühevoller Kleinarbeit eine Vereinbarung untereinander zustande gebracht hatten, sondern für Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und die Chefs der vier demokratischen Landtagsfraktionen (Grüne, CDU, SPD, FDP). Statt die gut eine Million Schüler:innen im Land fest in den Blick zu nehmen, ließen sie das Projekt der Verständigung über Parteigrenzen hinweg scheitern an Eitelkeiten, Prestigedenken und Desinteresse.
Alle vier beteiligten Parteien sind in Mitverantwortung für die Schräglage, in die Baden-Württembergs Bildungssystem über viel zu lange Zeit geraten ist: Lehrkräftemangel, Unterrichtsausfall, Mittelmaß in Vergleichsstudien und im Ergebnis Aufstiegsversprechen, die seit mehr als einem Vierteljahrhundert nicht eingelöst wurden. Nun ist eine parteiübergreifende Allianz, die über einzelne Legislaturperioden hinaus gemeinsame Ziele für das Bildungswesen definiert, gescheitert. Nach drei mageren Stunden auf dem Klostergelände brachen die Oppositionsfraktionen SPD und FDP die Gespräche ab.
Wenn Grüne und Schwarze, wenn Kretschmann eingedenk seines Markenzeichens ("Politik des Gehörtwerdens") Rote und Liberale wirklich hätten mitnehmen wollen auf einen gemeinsamen Weg, wäre ein brüsker Abbruch so nicht möglich gewesen. Die erst zweite Runde der Allianz-Gespräche hätte dank engagierter Vorbereitung und strategischem Geschick nicht in die Sackgasse geführt, sondern in eine ersthafte, umfassende und intensive Reformdebatte.
Hamburg will keine "Schulwahlkämpfe"
Seit Mitte Dezember lag die Idee eines großen Vier-Parteien-Kompromisses auf dem Tisch. Hamburg sollte als Blaupause dienen: Regierung und Opposition in der Hansestadt hatten sich schon 2010 auf ein Langfrist-Konzept verständigt. Zehn Jahre später wurde dieses sogar verlängert, ausdrücklich mit dem Ziel, "Schulwahlkämpfe", wie es hieß, zu verhindern. Zustande kam die Einigung übrigens nicht nach zwei Nachmittagsrunden der jeweiligen Häuptlinge, sondern nach monatelangen und reichlich kleinteiligen Debatten der Bildungsfachleute.
2 Kommentare verfügbar
Oktarine
am 16.05.2024Es fehlen die notwendigen Kitaplätze, die Lehrkräfte in den Grundschulen, damit die Kinder die Voraussetzungen für die weiterbildenden Schulen erhalten.
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