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CDU Baden-Württemberg

Nun also "Parkplatzsterben"

CDU Baden-Württemberg: Nun also "Parkplatzsterben"
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​​​​​​​Die Südwest-CDU steht vor den Kommunal- und Europawahlen in Baden-Württemberg vor ihrer ersten großen Bewährungsprobe unter Landeschef Manuel Hagel. Im Vorwahlkampf setzt sie weniger auf Inhalte, sondern will "mit Narrativen hängenbleiben".

Die Strategie ist überdeutlich zu erkennen: Mindestens einmal wöchentlich holt Manuel Hagel, Landes- und Landtagsfraktionschef der CDU Baden-Württemberg, einen Hammer raus, um seinen bisher noch ziemlich bescheidenen Bekanntheitsgrad zu verbessern. Und um den Koalitionspartner Grüne zu ärgern. Jüngstes Beispiel ist sein Plädoyer für "eine Art Ewigkeitsgarantie für die Schuldenbremse" und die Unterstellung, dass diejenigen, die über eine Reform nachdenken, sie "doch in Wahrheit ordentlich schleifen" wollen. Tatsächlich gibt es von den Wirtschaftsweisen bis zum baden-württembergischen Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Finanzminister Danyal Bayaz (beide grün) faktenbasierte Überlegungen, die Schuldenbremse zum Wohle künftiger Generationen weiterzuentwickeln und so dringend nötige Investitionen zu ermöglichen. Um eine Abschaffung – wie von Hagel suggeriert – geht es dabei aber gerade nicht.

Seriosität ist aber ohnehin nicht die vorrangige Eigenschaft, mit der CDU-Politiker:innen punkten wollen in diesen Vorwahlkampfwochen. Es geht um Stimmungsmache auf möglichst vielen Ebenen, in der Migrations- oder in der Klimapolitik und speziell um das Thema Gendern, das die Unionisten so gern am Köcheln halten. Einfache Parolen und griffige Schlagworte sind begehrt, die hängen bleiben sollen beim Wahlvolk. Sehr bewährt hat sich da die Klage über ein Autoland mit angeschlagenen Premiummarken, in dem das Aus für das Aus von Verbrennungsmotoren erhofft wird. Seit Wochen wird getrommelt, werden Schlagzeilen produziert. "Transformation braucht auch Taktgefühl", versucht sich Hagel in einer Alliteration, "und nicht nur den Holzhammer der Verbote."

Von Letzterem kann keine Rede sein, aber das ist vielen Schwarzen egal. Sie sind auf Krawall gebürstet. Im Netz kursieren zahlreiche, zum Beispiel von der Geschäftsstelle der baden-württembergischen CDU bereitgestellte Webinare mit guten Tipps für Wahlkämpfende vor Ort. Einerseits inhaltlicher Art, von frühkindlicher Bildung bis zu den Folgen von EU-Entscheidungen für die Kommunen, und andererseits zu Strategie, zu Komplexitätsreduzierung, dazu, mit "Narrativen hängen [zu] bleiben".

PR-Maschine auf Hochtouren

Der Umgang mit dem angeblichen Verbrennerverbot aus Brüssel ist exemplarisch fürs Kalkül im Zeitalter von Klicks und Quote. Gerade deshalb lohnt der Blick auf die Fakten. Beschlossen ist nämlich gar kein Aus, sondern dass in elf Jahren keine Neuwagen mehr zugelassen werden dürfen, deren Diesel- und Benzinmotoren nicht emissionsfrei, also mit E-Fuels zu betanken sind. "Die neuen Vorschriften bedeuten nicht, dass alle Fahrzeuge auf den Straßen bis 2035 emissionsfrei sein müssen", heißt es ausdrücklich in den Erläuterungen der EU. Auch dürften Gebrauchtwagen ge- und verkauft werden. Außerdem wurde schon im Ursprungsbeschluss vor gut einem Jahr eine Überprüfung im Jahr 2026 festgelegt.

Als EU-Kommisionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) genau daran Mitte Februar erinnert, wirft Manfred Weber (CSU), Fraktionschef der konservativen EVP im Europäischen Parlament, die Propagandamaschine an. "Kommissionspräsidentin rückt von Verbrenner-Aus ab", verkündete eine Schlagzeile, "Verbrenner-Aus aufgeweicht" eine andere. Weber hält die Causa seither gewieft am Köcheln, spricht mal von einem "schweren Fehler", der rückgängig gemacht werden müsse, mal vom "Green Deal, der nicht zum China Deal" werden dürfe.

Hagel sieht sich bestätigt. In seiner Eigenschaft als Chef der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzendenkonferenz teilte er Anfang März deren Votum für eine Rücknahme des Verbrennerverbots mit. Aus PR-Sicht ein durchschlagender Erfolg, es wird ganz überwiegend zustimmend gepostet und getweetet auf allen Ebenen. Sperrige Details sind Nebensache, wichtig ist eben vorrangig die hängenbleibende Geschichte: dass und wie die Union für Arbeitsplätze in Deutschland und gerade in Baden-Württemberg kämpft und für Autofahrer:innen insgesamt. Mit banalsten Botschaften – wie "Ihr dürft euren Diesel ohne schlechtes Gewissen fahren" – begeistert Manuel Hagel seine Basis.

Wofür steht die Partei eigentlich?

Dabei findet sich sogar im Entwurf des neuen Grundsatzprogramms der Bundes-CDU das Versprechen: "Wir arbeiten darauf hin, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral ist – wie es die Pariser Klimaziele vorsehen." Für Wahlkämpfende soll die Würze aber in der Kürze liegen, wie einer der Leitfäden empfiehlt, und dazu, dass "jeder Kandidat" – die Schwarzen mühen sich nach eigenen Angaben zwar, mehr Frauen anzusprechen, schaffen es aber offenbar nicht immer so recht – "um drei Uhr nachts sagen können muss, wofür die Partei steht".

Zum Beispiel Alexander Kotz, seines Zeichens CDU-Fraktionschef im Rathaus der Landeshauptstadt. Seine Partei soll ab 9. Juni wieder Nummer eins sein vor den Grünen, die seit der vergangenen Kommunalwahl zwei Sitze mehr im Stuttgarter Gemeinderat haben als die Union (14 zu zwölf). Also machen nun griffige Wortschöpfungen die Runde, etwa dass und wie "das Parkplatzsterben" bekämpft werden muss. Außerdem nimmt der Gas- und Wasserinstallateurmeister aus dem Stuttgarter Osten "eindeutige Signale" aus der Bevölkerung wahr und verlangt zeitnah eine "Arbeitspflicht für Asylbewerber". Auch dies eine flotte Formel, die am Infostand oder im Netz den Stimmenfang in Fahrt bringen soll. Und ablenken von den vielen inhaltlichen Leerstellen. "Durchstarten" will Kotz für Stuttgart, "statt mutlos abwarten". Die Stadt brauche eine Vision, wo sie im Jahr 2030 stehen soll. Kein Wort, wie die aussehen könnte, stattdessen quasi-monarchisches Gehabe: "Ich will, dass in Stuttgart jedes Jahr rund 1.000 Wohnungen mehr gebaut werden."

Das Defizit von insbesondere preiswerten Behausungen in der Landeshauptstadt ist unbestritten. Fragen danach, wie konkret etwas geschehen kann oder sogar durchgesetzt wird, bleiben bei Kotz aber absichtlich ausgeblendet. Genauso wenn Max Mörseburg, der Stuttgarter Bundestagsabgeordnete, populistisch mit der Idee sekundiert, die Bezahlkarte auf Bürgergeldbezieher:innen auszuweiten. "Denn Solidarität ist keine Einbahnstraße", schreibt er auf X, "wer nicht für sein Geld arbeiten will, der bekommt weiterhin ein Existenzminimum, kann darüber aber nicht so frei verfügen wie jemand, der sich sein Geld selbst erarbeitet."

Das "Blutbad" war doch nur eine Metapher

Der Jurist und frühere Kotz-Stellvertreter in der Gemeinderatsfraktion schreibt aber noch ganz andere Sachen. So bediente er sich vorübergehend des Trump-Begriffs vom "Blutbad" und prognostizierte ein solches für Deutschland, "wenn die Ampelregierung nicht demnächst durch eine wirtschaftskompetente Regierung abgelöst wird". Später löschte Mörseburg den Tweet wieder: Das Wort beschreibe im wirtschaftlichen Kontext einen "totalen Crash" mit Massenentlassungen, sei jedoch von "einigen wortwörtlich als Legitimation von politischer Gewalt interpretiert" worden. Natürlich glaubt er selber nicht an einen derartigen Kollaps, erst recht nicht angesichts des aktuellen DAX-Höhenflugs. Vielmehr will er auf die für Populismus empfängliche Ader des Publikums zielen.

Von Kretsch zu Özdemir?

Es gehe nicht um einen Geist und nicht um eine Flasche, sagt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Dienstag, als bei der Regierungspressekonferenz von Journalist:innen die Nachfolge-Debatte angesprochen wird. "Bild" hatte am Freitagabend online behauptet, Cem Özdemirs "Machtfahrplan fürs Ländle" zu enthüllen. Harte Infos? Fehlanzeige, aber Aufregung in Partei und Fraktion und intensives Spekulieren, ob es nun stimmt, dass Özdemir Kretschmanns Platz einnehmen soll. Letzterer bemüht sich, die aktuelle Aufwallung kleinzureden. Und behauptet auch noch, das Thema interessiere vor allem die Medien, ganz so als würden nicht Grüne auf allen Ebenen gerne wissen, wie es eigentlich weitergeht nach dem Abgang Kretschmanns und vor allem, wie Baden-Württemberg zu einem zweiten grünen Ministerpräsidenten kommt. Gebetsmühlenhaft wiederholt der 75-Jährige gerne, wie kraftvoll er bis zum Ende der Legislaturperiode regieren wolle und werde. Womit er aber absichtlich oder unabsichtlich verkennt, dass es darum gar nicht geht. Gesucht und nicht gefunden ist vielmehr der richtige Zeitpunkt, um den Stabwechsel – nach allem was bekannt ist – zum Bundeslandwirtschaftsminister öffentlich zu machen. Irgendwann schwächt es, zu warten, heißt es unter Landtagsabgeordneten nicht erst seit heute. Auch nicht eben zur Beruhigung in den eigenen Reihen trägt bei, dass Kretschmann in der vergangenen Legislaturperiode die Klärung der Nachfolge versemmelt hat und dann selber – sehr erfolgreich – nochmal ran musste. Ein Ausweg, der diesmal ausscheidet. Jedenfalls Stand heute.  (jhw)

Sein Landesvorsitzender hätte Mörseburgs digitalen Geistesblitz übrigens nutzen können, um öffentlich mal klare Kante zu zeigen als Autorität an der Spitze. Stattdessen lässt er mitteilen, Social-Media-Aktivitäten einzelner Abgeordneter würden nicht kommentiert. Darüber hinaus habe der Verfasser den Begriff Blutbad "selbst eingeordnet".

Zugleich ist Hagel aber sehr wohl interessiert daran, das eigene Schwiegersohn-Image aufzupolieren. Allerdings auf höchst fragwürdige Weise: Der Oberinterviewer von "Nius", Ralf Schuler, machte sich extra nach Stuttgart auf, um einen jener Politiker zu treffen, dessen "Namen man (noch?) nicht täglich in den Nachrichten hört". Und der Interviewte kennt keine Berührungsängste zu dem Portal, bei dem es sich "um rechtspopulistische Stimmungsmache handelt", wie die taz zusammenfasst.

Lieber tischt Hagel einmal mehr diesen Mix aus Gemeinplätzen und Übertreibungen auf, der hängen bleiben soll – wenigstens bis zum nächsten Wahltag. Und dann leistet er sich doch einen Satz, der nicht nur auf Friedrich Merz, sondern auch auf ihn selber anzuwenden ist: "Am Ende muss ein Fraktions- und Parteivorsitzender der CDU immer den Anspruch haben, die nächste Regierung anführen zu können." Womit, wie zu vermuten steht, immerhin Klarheit geschaffen wäre über seine eigentliche Treibfeder. In zwei Jahren ist Landtagswahl.

 

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