Ein Polizist aus Baden-Württemberg schlägt einer Tänzerin während der G20-Proteste ein Bein kaputt. Wegen der Uniform fällt die Identifikation des Täters schwer. Gegen drei Verdächtige wird ermittelt, doch das Verfahren wird eingestellt. Ein Beschuldigter allerdings hat ganz offenbar eine Vorliebe dafür, seine Machtstellung als Polizist mittels Gewalt auszuüben. "Heute konnte ich seit Langem endlich wieder einen Menschen schlagen", schrieb er in Chat-Nachrichten. Das sei "richtig befriedigend" gewesen. Und dann: "Jetzt heim Couch und Bier." Und das ist bei Weitem nicht die ekligste Nachricht, die der Mann verfasst hat. Kontext-Redakteur Minh Schredle liegen die Protokolle des Polizisten-Chats vor. "Dabei kommt so viel belastendes Material zusammen, dass es mir ein inneres Blumenpflücken wäre, wenn der Mann bald aus dem Dienst entfernt wird", sagt er.
Ein weiterer baden-württembergischer Polizist, der es zu zweifelhafter Berühmtheit gebracht hat, ist der Ex-Inspekteur der Polizei Andreas Renner. Mehrfach haben wir über den ehemaligen Oberpolizisten des Landes berichtet, der wegen sexueller Nötigung vor dem Landgericht Stuttgart stand und im Juli 2023 freigesprochen wurde. Die Staatsanwaltschaft und die Nebenklage haben daraufhin Revision eingelegt. Zuständig ist der Bundesgerichtshof, und der hat vergangene Woche bestätigt: Das Verfahren vor dem Landgericht sei "beanstandungsfrei geführt worden (...). Das Verfahren ist damit rechtskräftig abgeschlossen." Und Andreas Renner final freigesprochen. Ihm dräut allerdings noch ein Disziplinarverfahren, außerdem wird wegen Bestechlichkeit gegen ihn ermittelt.
Gegen Kontext geht Renner derzeit juristisch vor wegen der Verwendung eines Begriffs (Geschlechtsteil und Berufsbezeichnung), der ihm und seiner Frau nicht gefällt und den das Ehepaar uns per einstweiliger Verfügung hat verbieten lassen. Wir haben gegen die Verfügung des Landgerichts Hamburg Einspruch eingelegt. Allerdings mochte das Gericht unserer Argumentation nicht folgen. Der Begriff transportiere nicht die Kritik daran, dass Renner seine berufliche Stellung möglicherweise mit Sexuellem vermischt habe, heißt es. Wir haben dem vehement widersprochen. Das Gericht hat die einstweilige Verfügung nach einer Online-Verhandlung im Dezember 2023 allerdings aufrechterhalten. Gegen das Urteil haben wir Berufung eingelegt. Die Verhandlung wird am 30. April vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg stattfinden. Mehr dazu bald.
Reichelt ohne Kontext
Kommende Woche, am 17. und 18. April, steigen in Leipzig die Medientage Mitteldeutschland. Ein Netzwerk-Event für alles Mögliche mit Medien, veranstaltet von einem Zusammenschluss, in dem unter anderem die Landesmedienanstalten von Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie das ZDF, der MDR und Arte vertreten sind. Das Programm ist gut, gesprochen wird über den Reformbedarf der Öffentlich-Rechtlichen, über KI und Demokratie, Finanzierung und die Frage, wie der ostdeutsche Blick mehr Raum in Redaktionen bekommen kann. Auch Kontext-Chefin Anna Hunger war eingeladen zur "Talk-Runde", Titel: "Mehr als Nische? Journalismus von außen". Es soll um alternative Medien gehen, deren Relevanz und Finanzierung, um die Frage, ob sie Symbol sind für die "wachsende Spaltung der Gesellschaft". Mit dabei unter anderem: Barbara Tóth vom Wiener "Falter", Hans Demmel, unter anderem langjähriger Geschäftsführer von "n.tv" und gemeinsam mit Friedrich Küppersbusch Autor des lesenswerten Buchs "Anderswelt – ein Selbstversuch mit rechten Medien". Und dann wurde auch der ehemalige "Bild"-Chef Julian Reichelt, heute Kopf des Hetz-Kanals "Nius", als Gast auf das Leipziger Podium eingeladen.
Und damit hat Hunger abgesagt. Begründung: Sie möchte nicht Sparringspartnerin für einen Typen sein, der in seiner Zeit bei "Bild" so viele junge Frauen gedemütigt hat, was mittlerweile unter dem nichtssagenden Begriff "Machtmissbrauch" firmiert. Und in keiner Form dazu beitragen, "Nius" als irgendwie diskussionswürdiges Medium erscheinen zu lassen. Der Medien-Journalist Stefan Niggemeier hat das vor Kurzem gut formuliert: "'Nius' ist kein seriöses journalistisches Medium, das lässt sich an vielen einzelnen Beispielen zeigen: 'Nius' denkt sich Dinge aus, 'Nius' schreibt ab, 'Nius' stellt Menschen bloß. Tatsachen werden verdreht, bis sie ins eigene Weltbild passen und sich als Empörungmacher einsetzen lassen." Und weiter: "Reichelt befördert nicht die politische Auseinandersetzung. Er zerstört sie." In diesem Sinne werden die Medientage Mitteldeutschland ohne Kontext stattfinden.
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AF
am 12.04.2024