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Thomas Strobl

Ameise im Wald

Thomas Strobl: Ameise im Wald
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Thomas Strobl ist zwar noch Innenminister, seit dem Parteitag am vergangenen Wochenende aber nicht mehr CDU-Chef in Baden-Württemberg. Zum Abschied präsentiert Kontext die schönsten Karikaturen und Zitate aus zwölf Jahren Ländle-Politik mit dem S-21- und Abschiebe-Hardliner.

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Was für eine Steilvorlage. Ausgerechnet Stuttgart 21 instrumentalisiert der 63-jährige Thomas Strobl am vergangenen Samstag in seiner letzten Rede als Parteichef, um die Standfestigkeit der Südwest-CDU zu rühmen. "Vor zwölf Jahren sind wir nach 58 Jahren in die Opposition gegangen, das war herb und hart", erinnert er sich an das Jahr 2011, als im tiefschwarzen Land Grün-Rot an die Macht kam. Seiner Partei sei es "richtig schlecht gegangen, denn Opposition konnten und können wir nicht". Der Bundesvorsitzende Friedrich Merz war da noch nicht im Saal, sondern noch auf der Anreise zum Landesparteitag in Reutlingen.

Zurück zum Milliardenprojekt: "Wir haben nicht gezögert, wir haben nicht gejammert, wir sind in dem richtig kalten November 2011 hinausgegangen, in warmen Jacken, mit Handschuhen und Mützen und haben geworben." Für S 21. Er selbst sogar um halb fünf Uhr in der Früh auf dem Bahnhof in Heilbronn und im Zweifel, "ob die Menschen vom Wahlverlierer noch ein Stück Brot nehmen". Sie nahmen, denn bei der Volksabstimmung waren 59 Prozent in Strobls Vaterstadt für das Projekt. "Es war ein Sieg der CDU auch für die Enkelgeneration, und wenn 2025 dieser Bahnhof eröffnet werden soll, bin ich gespannt, wer alles da sein wird und sein Köpfchen ins Bild hineinstrecken wird." Was für eine rührende Geschichte. Sie ruft geradezu nach Ergänzung. Deshalb haben wir zum Abschied einige der schönsten Strobl-Zitate zusammengestellt.

"Stuttgart 21 könnte man auch 'Oettinger 21' nennen, am besten aber wohl 'Baden-Württemberg 21', denn unser ganzes Land wird davon profitieren." (Juli 2007)

"Baden-Württemberg steht nicht im Pauschalreise-Angebot aller Berufsdemonstranten, und es gibt da auch keinen Demo-Rabatt." (26. September 2010)

"Es gibt keine Hand, die so ausgestreckt ist wie die von Stefan Mappus." (Oktober 2010)

"Wo leben wir eigentlich, im Juchtenkäferland oder in Baden-Württemberg?" (Februar 2012)

Leider nicht zu finden waren Äußerungen über die immer neuen Kostenexplosionen, Bauzeitverlängerungen, Nachbesserungen und Unwahrheiten, die die CDU der Bevölkerung in Strobls Ära als Generalsekretär ab 2005 und als Landesvorsitzender ab 2011 aufgetischt hat. Auch die Entschuldigung bei Schauspieler und Stuttgart-21-Gegner Walter Sittler für ein Bild und eine Bildunterschrift im CDU-Newsletter fiel ausgesprochen dürftig aus. Immerhin stand da: "Sein Vater war Nazi-Funktionär und arbeitete für Reichspropagandaminister Joseph Goebbels: Walter Sittler, Propagandist der S21-Bewegung" (November 2010). Dass Strobl selbst keine zwei Jahre davor als Generalsekretär der Südwest-CDU ein – schnell wieder eingestampftes – Partei-Liederbuch mitherausgegeben hatte, das zum "Singen in geselliger Runde" das "Panzerlied" aus der NS-Zeit enthielt (Textprobe: "Mit donnerndem Motor, so schnell wie der Blitz, dem Feinde entgegen, im Panzergeschütz"), soll dabei nicht unter den Tisch fallen.

Aber Strobl kann auch anders. Charmant zum Beispiel:

"Wer wissen will, wie die Baden-Württemberger ticken, sollte unsere CDU-Frauen fragen." (Juli 2013, zum Projekt "Frauen im Fokus", das den Anteil weiblicher Mitglieder deutlich anheben sollte, was nicht gelang.)

"Wissen Sie, was ein Soufflé ist? Da ist viel Luft drin und nach einer gewissen Zeit macht's pffft." (Februar 2023 über den Untersuchungsausschuss zur Polizeiaffäre, in der er als Innenminister eine Schlüsselrolle spielt.)

"Unsere Staatsangehörigkeit gibt es nicht im Supermarkt zu Discountpreisen, sondern sie ist ein Markenartikel von höchster Qualität." (Januar 2006)

"2015 darf sich nicht wiederholen. Unser Ziel ist ganz klar, die Zuzugszahlen deutlich und nachhaltig zu senken. Konsequente Abschiebungen sind dafür ein wichtiger Baustein." (Oktober 2016)

"War früher das Zeichen des Obrigkeitsstaates die preußische Pickelhaube, ist es heute die grüne Sonnenblume." (Februar 2015)

"Ich bin wie eine Ameise, ich schaffe Ordnung im Wald, im Bund und im Land." (Oktober 2021)


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