Die lapidare Auskunft der Stadt auf Kontext-Anfrage: "Das IBA'27 Netz-Vorhaben 'Täglich' wurde im STA nicht priorisiert und wird im IBA-Kontext nicht weiter bearbeitet", heißt es im besten Amtsdeutsch. Das bedeutet: Kein IBA-Projekt, keine Förderung. Der Gemeinderatsbeschluss blieb auf der Strecke und Martina Baum auf ihren Kosten sitzen. Sie erfuhr dann im Juli 2020 in einem Gespräch mit der städtischen IBA-Beauftragten Alice Kaiser, dass ihr Projekt kein Projekt der Bauausstellung mehr sei, dass es "aber ein Gespräch auf Dezernenten-Ebene geben sollte, da das Konzept nicht nur das Stadtplanungsamt betrifft und weiterverfolgt werden soll."
Das Referat sieht keine Notwendigkeit
Dieses Gespräch scheint, Monate später, auch stattgefunden zu haben. Allerdings wusste Baum davon genauso wenig wie der Gemeinderat – bis Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) am 16. Dezember 2021 eine Anfrage der Fraktionen Puls, FrAktion und SPD aus dem Mai dieses Jahres beantwortete. "Im November 2020 fand eine Abstimmung zwischen den Referaten SWU, JB und SI statt", heißt es da. Mit den Abkürzungen sind die Bürgermeister:innen für Städtebau, Wohnen und Umwelt (SWU), Jugend und Bildung (JB) und Soziales und gesellschaftliche Integration (SI) gemeint, also Peter Pätzold, Isabel Fezer (FDP) und Alexandra Sußmann (parteilos).
"Ergebnisse der Studie wurden dargelegt", so Nopper im Telegramstil. Dargelegt von wem? Von Martina Baum jedenfalls nicht. Doch auch ohne Kenntnisse aus erster Hand stand für die drei Bürgermeister:innen offenbar fest, was Nopper zu Fezers Referat anmerkt: "Das Referat JB sah nicht die Notwendigkeit für ein 'Täglich in Bad Cannstatt' an den in der Studie genannten Standorten."
So endet ein Gemeinderatsbeschluss: Was die gewählten Volksvertreter:innen für förderungswürdig befinden, hält die Verwaltung nicht für nötig. Eine eigenwillige Auffassung von der Rollenverteilung innerhalb der Kommune.
Zum Zeitpunkt von Noppers Antwort waren die zwei Jahre des Doppelhaushalts beinahe abgelaufen. Von den 160.000 Euro hatte Martina Baum keinen Cent gesehen. "Es sollten dafür wissenschaftliche Mitarbeiter*innen und Unkosten bezahlt werden", so die Städtebau-Professorin. "Wir haben dann als Büro die wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen finanziell übernommen, da wir das Projekt sonst nicht hätten weiterführen können. Alle anderen Kosten mussten wir vom Lehrstuhl aus aufbringen."
Auch die Wanderbäume laufen auf
Und das Projekt "Täglich" ist nicht das einzige, bei dem von der Stadt in Aussicht gestellte Gelder nicht ankamen. Auch die viel beachtete Wanderbaumallee ging leer aus. "Als wir im Team merkten, dass die Aktion gut ankommt, dass wir Spaß daran haben und voraussichtlich weitere Jahre mit den Bäumen auf die Straße gehen, versuchten wir Gelder für den Doppelhaushalt 20/21 zu bekommen", berichtet die Projekt-Mitbegründerin Hanka Griebenow. Nachdem sie viel Zeit für den Antrag, eine Kostenschätzung und Gespräche mit mehreren Gemeinderatsfraktionen aufgewandt hätten, habe der Gemeinderat in den Haushaltsberatungen einer Förderung mehrheitlich zugestimmt.
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Peter Mielert
am 14.12.2022